Wahlprogramm zur Kreistagswahl 2021

Im Frühjahr 2030 kommt eine ehemalige Bewohnerin des Kreises Groß-Gerau nach fünfzehn Jahren in ihre Heimat zurück und staunt. Es hat sich eine Menge verändert. Sie kommt mit dem Zug an dem gut ausgestatteten, modernen und barrierefreien Bahnhof in Groß-Gerau an. Sie sieht Fahrradfahrer*innen, die nach Ausstieg aus einem Wagon direkt den großen Aufzug ansteuern. Informationstafeln zeigen die nächsten Busverbindungen an. Bei der Ankunft des Busses sieht sie schon, dass dieser - wie alle anderen Busse auch – emissionsfrei mit Wasserstoff fährt. Außer Bussen, (Lasten-) Rädern und Fußgänger*innen sieht sie nur wenige Autos, und wenn, dann mit Car-Sharing-Symbol oder Taxen.

Am Marktplatz angekommen erinnert sie sich an die schlechte Verkehrsführung der früheren Zeiten. Jetzt ist der Platz ein kleiner Kommunikations- und Erholungspark mit Bäumen, Bänken und einem Café, das zu dem Kulturzentrum „Altes Amtsgericht“ gehört. Abends gibt es ein kleines Konzert der ansässigen Musikschule, nachmittags Diskussionsrunden und viele gesellschaftliche Aktivitäten. Durch den geringen Individualverkehr ist die Darmstädter Straße wieder für alle Verkehrsteilnehmer*innen geöffnet worden, nachdem sie jahrelang nur Fahrradstraße war.

Unsere ehemalige Kreisbewohnerin, nennen wir sie Anna, nimmt den Fußweg zum Behörden- und Gesundheitszentrum. Unterwegs kommt sie an einigen Schulen vorbei, deren offene Gestaltung sie beeindruckt und deren Nachmittagsaktivitäten davon zeugen, dass alle nun Ganztagsschulen sind.

Sie hat einen Termin mit Frau Prof. Dr. Raab, die seit zwölf Jahren Leiterin des Krankenhauses ist. Sie erzählt, wie schwierig die Jahre 2019 und 2020 waren. Auch 2021 war noch kein Zuckerschlecken. Aufgrund der klaren Haltung des Kreises, die Kreisklinik als sektorenfreies Gesundheitszentrum zu erhalten, war es allerdings möglich, völlig neue Wege zu gehen. Als erstes Krankenhaus wurde hier seitens den Krankenkassen zu einer Erstattung der vollständigen Kosten zurückgekehrt. Das Land hat inzwischen seinen Beitrag zu den Investitionskosten erhöht, sodass neue Bereiche geschaffen werden konnten. Im akuten Notfall gibt es eine Rufnummer sowie eine Stelle, bei der jeder und jede nach ihrem Bedarf Unterstützung bekommt. Viele Eingriffe werden ambulant durchgeführt - es war allerdings eine große Hürde, bis es soweit war, dass man die Sozialstationen so ausstatten konnte, dass die Menschen zu Hause Unterstützung bekamen und zur Reha in die Klinik kommen konnten. Die Klinik war nicht nur in der Coronakrise und weiteren Infektionskrisen innovativ, sie hat jetzt auch eine neue Geburtenstation, bei der Frauen mit ihrer Hebamme die Geburt so selbstbestimmt wie möglich durchführen können.

Die Klinik hat zudem dafür gesorgt, dass die Versorgung durch Ärztinnen und Ärzte in jedem Ort im Mittel- und Südkreis durch Gesundheitszentren mit Hausärzt*innen; Krankenpflegekräften, welche nach Hause kommen; Hebammen; Physiotherapie und andere gesundheitliche Angebote sichergestellt ist.

All dies bestärkt Anna darin, sich nach dem langen Auslandsaufenthalt für den Ruhestand wieder im Kreis niederzulassen. Allerdings gibt es da noch einiges zu klären, bevor sie ihre Entscheidung treffen kann. Sie möchte nicht in ein Einfamilienhaus am Ortsrand oder nur mit alten Leuten zusammenleben, sie möchte dort leben, wo sich auch junge Menschen und Familien mit Kindern wohl fühlen. Vielleicht kommen sogar noch Enkelkinder nach. Im offenen Kreishaus informiert sie sich bei der Wohnungsberatungsstelle zu generationenübergreifendem und gemeinschaftlichem Wohnen und staunt: nachdem die rot-rot-grüne Kreistagsregierung zum zweiten Mal von den Wähler*innen bestätigt wurde, hat sie ein Projekt für solche Wohnformen aufgelegt und die Nachfrage war groß. Teilweise wurden in den Orten Höfe, deren Eigentümer*innen verstorben waren und die Erb*innen gewonnen werden konnten, dafür genutzt, auf Qualität und nicht auf hohe Rentabilität zu setzen. Es gab nicht wenige ältere Menschen, die bereit waren, ihre für eine Einzelperson viel zu großen Gebäude mit anderen zu teilen, die sie unterstützten und Gesellschaft leisteten. Mit Unterstützung des Kreises werden die Immobilien in einem guten Zustand gehalten. Darüber hinaus konnte in den zwanziger Jahren endlich ein gemeinsames Vorgehen aller Kommunen mit dem Kreis entwickelt werden, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, der sich an die örtlichen Gegebenheiten anpasst und vorwiegend bereits bebaute Gelände nutzte. Gerade das Opelaltwerk soll eine tolle Wohn- und Lebensqualität haben.

Opel hat dazu beigetragen, dass sich die Arbeitswelt im Kreis verändert hat. Anna hat noch den ersten Niedergang von Opel erlebt, deshalb wundert sie sich nicht, dass das alte Werk nicht mehr von Opel, das jetzt ein eigenständiges Mobilitätsunternehmen ist, genutzt wird. Natürlich hätte sie gerne gesehen, dass nach den vielen Enttäuschungen und Verkäufen die Kolleginnen und Kollegen den Betrieb selbst in die Hand genommen hätten. Immerhin ist die Mitbestimmung paritätisch und auf den wirtschaftlichen und produktiven Bereich erweitert worden. Es werden nur noch wenige Autos produziert, ein kleiner Transporter, wie ihn früher die Post hergestellt hat; ein Kleinbus für Mobilitätsunternehmen, die ihn als eine Art Anrufsammeltaxi nutzen und weitere Produkte der Mobilitätslogistik.

Das Altwerk ist in die Stadt geöffnet und somit ein neuer Stadtteil mit einem tollen Flair. Es gibt Cafés, kleinere Geschäfte, bezahlbare Wohnungen, die insbesondere gerne von Studierenden genutzt werden, da sich die Hochschule erweitert hat und nun hier eingezogen ist. Es wurde in Zusammenarbeit mit Opel, dem Land Hessen und neuen Mobilitätsfirmen zudem ein Mobilitätcampus geschaffen, an dem interdisziplinär an neuen Mobilitätskonzepten für die Zukunft geforscht wird. So konnte der größte europäische Campus zur Mobilitätsforschung entstehen und die Transformation des Wissens und der Arbeitsplätze im Kreis gestaltet werden. Zudem haben die Volkshochschule und andere Bildungseinrichtungen ihren dauerhaften Platz gefunden. Aber auch die Motor-Vergangenheits-World, ein Kino sowie weitere Kultureinrichtungen, kleine Handwerksbetriebe und einiges mehr finden sich nun hier.

Anna ist an diesem Sommerabend sehr angetan von dem Flair, dass das einstige Industrieunternehmen ausstrahlt. Überall sieht man, was hier früher produziert wurde, Erinnerungsstücke sind ausgestellt. Aus dem Azubi-Werkstattcafé der Jugend- und Auszubildendenvertretung von Opel ist ein toller Treffpunkt für junge Menschen geworden.

Aber auch sonst hat sich einiges in Rüsselsheim getan. Kunst ist in die Stadt eingezogen, es gibt Leben auf den Straßen, man sieht, dass hier wieder Menschen wohnen, arbeiten und studieren. Den Abend verbringt sie in einem Jazz-Konzert an der Festung unter freiem Himmel mit netten Menschen, die sie kennenlernt. Was wünscht man sich mehr?

Am nächsten Morgen - die Nacht hat sie in einem Hostel verbracht - fährt sie mit einem Bus, der selbstverständlich nicht nur für Ortsansässige, sondern auch für Übernachtungsgäste kostenfrei ist, durch den Landkreis, um sich ein Bild davon zu machen, was sich verändert hat. Ihr fällt auf, dass es viele junge Menschen gibt, dass die Bevölkerung vielfältig ist und es ein entspanntes Miteinander gibt. Ihr fällt auf, dass sie keine Obdachlosen sieht, wie in der Stadt, in der sie jetzt lange gelebt hat. Sie kommt an dem Senioren- und Jugendzentrum in Mörfelden-Walldorf vorbei, einem großen Haus mit Räumen, die für verschiedene Aktivitäten genutzt werden können. Ihr fällt auf, dass es viel mehr Kitas gibt als früher. Am Kühkopf hat sich das Naturschutzgebiet weiterentwickelt, es gibt mehr Grünflächen und auch im Nordosten wurde wieder mehr Wald angesiedelt.

Als erfreulich empfindet sie es, dass der Flughafen wieder zurückgebaut wurde und jetzt nur noch zwei Start- und Landebahnen besitzt. Sie besucht alte Freund*innen, mit denen sie gegen den Bau der Startbahn West gekämpft hat und es freut sie zu hören, dass der Flugverkehr weniger und leiser geworden ist. So hat sich der lange und konsequente Kampf des Kreises und seiner Kommunen gegen den überdimensionierten Ausbau des Flughafens doch gelohnt. Dazu beigetragen haben die Bewegungen für den Klimaschutz, aber auch die Einsicht, dass wir uns mit einer solchen Wirtschafts- und Lebensweise mehr Krankheiten eingehandelt hätten, welche nicht zu behandeln gewesen wären. Aktuell wird der Flughafen sogar auf eine Start- und Landebahn reduziert, sodass die Lebensqualität im Rhein-Main-Gebiet zukünftig weiter steigt.

Aber was ist mit den vielen Arbeitsplätzen passiert, fragt Anna ihre Freund*innen von damals. Es gibt viele neue Aufgaben in der frühkindlichen Bildung, in der Schule, im Naturschutz, im Gesundheitswesen, in der Altenpflege und in der Entwicklung der Gemeinden, in Infrastruktur und an der Hochschule, sodass diejenigen, die noch nicht in Rente gehen konnten, neue berufliche Perspektiven gefunden haben. Die Agentur für Arbeit gibt es noch, wird jetzt aber Ihrem Namen gerecht und kümmert sich um die wenigen Jobsuchenden. Die Jobcenter wurden allerdings in Grundsicherungsämter umgewandelt, die Menschen unterstützen, welche kein existenzsicherndes Einkommen haben. Alle Forderungen der LINKEN nach einer echten Grundrente und einem Grundeinkommen konnten noch nicht vollständig umgesetzt werden, allerdings sind die Hartz-Gesetze ein Relikt der Vergangenheit und die soziale Sicherung auf einem guten Weg. Kinder haben jetzt eine eigenständige Grundsicherung. Der Kreis und die Kommunen tun alles dafür, dass diejenigen, die arbeiten können, eine Arbeit finden und dass alle anderen unterstützt werden sowie über die gleichen Möglichkeiten verfügen, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben.

Anna hat in den wenigen Tagen, die sie im Kreis verbracht hat, einen guten Eindruck erhalten und ist guter Dinge, dass sie für ihre Rente einen Platz findet, an dem es sich gut leben lässt.

DIE LINKE. Offene Liste arbeitet bereits seit 20 Jahren im Kreistag Groß-Gerau. In den vergangenen fünf Jahren hat sie in einer Koalition mit SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erfolgreich Politik gemacht. Sie hat durchgesetzt,

  • dass die Kreisklinik erhalten wurde;
  • dass sich das Jobcenter zu einer Dienstleistungseinrichtung für Menschen ohne Arbeit oder niedrigen Einkommen entwickelt hat;
  • dass sich der Kreis für bezahlbaren Wohnraum engagiert, obwohl die Städte und Gemeinden dafür zuständig sind;
  • dass ein kostengünstiges Ticket für SGB-II-Bezieher*innen zur Verfügung gestellt und der Weg zu einem Nulltarif im öffentlichen Nahverkehr beschritten wird;
  • dass sich Schulen in einem guten Zustand befinden und zu Ganztags- und Gesamtschulen ausgebaut werden;
  • dass politische Beteiligung von Jugendlichen auf den Weg gebracht wird;
  • dass Frauen in ihrer beruflichen Entwicklung unterstützt und vor Gewalt geschützt werden;
  • dass sich der Kreis Groß-Gerau entschieden auf die Seite der Flughafenausbaugegner*innen stellt und gegen Lärm und Schadstoffe, für längeres Nachtflugverbot und gute Arbeitsplätze streitet;
  • dass sich der Kreis beim Klimaschutz engagiert, erneuerbare Energien einsetzt, Gebäude nur im Passivhausstandard errichtet, Energie einspart, die Verkehrswende vorantreibt und für eine Bio-Landwirtschaft tätig ist;
  • dass Tierschutz und –rechte, Demokratie, Transparenz, fairer Handel und Friedenspolitik eine große Rolle spielen.

Dafür bedarf es einer ständigen Auseinandersetzung mit dem Land, damit die Kommunen besser finanziert werden - hierfür streitet der Kreis auch im Interesse seiner 14 Kreiskommunen. Dafür ist es auch notwendig, rechten Parteien, Rassismus und Faschismus die Rote Karte zu zeigen. Dafür macht sich der Kreis im Interesse seiner Bewohner*innen stark.

Arbeitsplatzabbau verhindern und Arbeitslosigkeit bekämpfen

Der Kreis Groß-Gerau ist bereits jetzt damit konfrontiert, dass die großen Unternehmen nicht zukunftsfähig sind. Bei Opel sollen jetzt noch einmal 2.100 Arbeitsplätze abgebaut werden. Viele Zulieferbetriebe für Opel und andere Automobilunternehmen entlassen Mitarbeiter*innen und schließen ihre Niederlassungen. Opel baut Ausbildungsplätze ab und lagert ganze Betriebe aus, wie beispielweise im Entwicklungsbereich. Opel hat es versäumt, sich auf eine zukunftsfähige Mobilität einzustellen und selbst im Elektro-Segment hinkt das Unternehmen der internationalen und nationalen Entwicklung hinterher. Es werden aber Arbeitsplätze für die Mobilität der Zukunft, welche im Nah-, Rad- und Fußverkehr liegen, benötigt. Ferntransporte von Personen und Gütern müssen auf die Schiene verlagert werden, eine weitere Zersiedlung von Landschaften oder ein noch mehr motorisierter Individualverkehr, insbesondere auf der Basis von Öl, sind nicht zukunftsfähig.  

Große Unternehmen hängen auch am Frankfurter Flughafen. Dieser hat sich wie ein Moloch in die Region gefressen, er zerstört die Landschaft, beeinträchtigt Menschen gesundheitlich und bietet oftmals keine existenzsichernden Arbeitsplätze. Die Umwelt- und die Corona-Krise machen deutlich, dass wir viel stärker regional wirtschaften müssen, um unsere Lebensgrundlagen zu erhalten.

Unternehmen wie Opel, Real, Fraport oder Lufthansa lassen sich von der kleinen Kommunalpolitik nicht beeinflussen. Sie fragen bei Land und Bund nach Finanzspritzen und erhalten sie, ohne dass Einfluss im Interesse der Arbeitsplatzsicherung oder des Umweltschutzes ausgeübt wird. Trotzdem sollten wir uns als Kommunalpolitik in die Diskussion um eine Transformation der Industrie einmischen, schließlich geht es darum, die Beschäftigten für sich zu gewinnen und gemeinsam mit den Gewerkschaften eine Bewegung für eine Transformation von Arbeitsplätzen zu erreichen.

Beispielsweise werden heute Elektrokleinbusse benötigt, die den ÖPNV in wenig genutzten Bereichen stärken. Der Transport von Waren an die Haustür muss mit umweltfreundlichen Fahrzeugen und zu besseren Arbeitsbedingungen erfolgen. Für beides gibt es noch zu wenige Hersteller. Transformation muss frühzeitig in die Wege geleitet werden.

Kommunalpolitik muss sich dafür interessieren, was in den Unternehmen passiert. Wenn Arbeitsplätze abgebaut werden, sind Menschen arbeitslos, müssen zum Arbeitsamt und schließlich zum Jobcenter. Wenn zu niedrige Einkommen gezahlt werden, können die Kolleg*innen nicht von ihrer Arbeit leben. Der Kreis Groß-Gerau hat eine große Anzahl von Menschen, die trotz Vollzeiterwerbstätigkeit mit Hartz IV aufstocken müssen. Unser Anliegen ist es, Arbeitslosigkeit zu verhindern und Menschen eine existenzsichernde Arbeit zu ermöglichen.

Wenn jemand arbeitslos oder bedürftig wird, soll er aber die bestmögliche Unterstützung bekommen. DIE LINKE ist grundsätzlich gegen Hartz IV, weil die Leistungen nicht ausreichend, ungeheurer Druck auf die Grundsicherungsempfänger*innen ausgeübt und ihre Qualifikation entwertet wird. Wir wollen eine bedarfsdeckende, sanktionsfreie Grundsicherung, die die Teilhabe am sozialen Leben ermöglicht. Auch unter den gegebenen Bedingungen muss beim Jobcenter Groß-Gerau dafür gesorgt werden, dass Menschen, die soziale Unterstützung und Hilfe bei der Arbeitssuche brauchen, respektvoll und kompetent beraten werden.

Für unser Ziel, dass sich das Jobcenter des Kreises Groß-Gerau zu einer Unterstützungseinrichtung von Menschen ohne Arbeit und mit niedrigen Einkommen entwickelt, haben wir in dieser Wahlperiode erfolgreich gearbeitet. Die Sanktionspraxis wurde überprüft, die Sanktionen sind im ersten Halbjahr 2019 um 7,4 Prozent gesunken. Es wurde ein fünftes Jobcenter in Bischofsheim eröffnet. Die Jobcenter arbeiten ständig an Verbesserungen, so wurde eine elektronische Akte eingeführt sowie die telefonische Erreichbarkeit verbessert - alles Dinge, die jetzt zu Corona-Zeiten äußerst wichtig sind, sodass alle Mitarbeiter*innen auch im Homeoffice die gestiegene Antragsfülle bearbeiten können und jeder/jede Antragsteller*in schnell zu Geld kommt. Ein Ombudsmann wurde bestellt, an den sich alle Sozialleistungsempfänger*innen im Kreis wenden können, wenn sie Beschwerden über Jobcenter, Sozial- oder Jugendamt haben.

Viel zu wenig passiert ist seitens von Bund und Land, um Langzeitarbeitslosen und Menschen mit Behinderungen zu helfen, eine existenzsichernde Arbeit zu finden. Es ist erforderlich, Arbeitgebern klare Vorschriften zu machen sowie die Arbeitslosen gut zu informieren und zu begleiten. Hierfür sind Mittel der Arbeitslosenversicherung, Landesgelder und kommunale Mittel sinnvoll einzusetzen (Passiv-Aktiv-Transfer).

In den letzten Jahren wurden viele Menschen in die Selbständigkeit gedrängt, sei es, weil sie keine adäquate Arbeit gefunden haben oder, weil die Unternehmen sich des Risikos und der Sozialversicherung entledigen, indem sie Menschen in die Scheinselbständigkeit drängen. Oft ist das Einkommen nicht existenzsichernd, hier ist das Jobcenter gefordert, Unterstützung zu leisten. Der Kreis muss dafür sorgen, dass eine solche Ausbeutung angeprangert und sanktioniert wird, sie darf nicht noch durch die Hartz-Gesetze gefördert werden.

Frauen verdienen im Kreis Groß-Gerau bei Vollzeiterwerbstätigkeit 13 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen. Die Lohnlücke ist höher als im Landesdurchschnitt. Da sie meist ihre Berufstätigkeit unterbrechen oder später beginnen, um neben der Kindererziehung auch andere familiäre Aufgaben wie Pflege zu übernehmen, sind sie in Einkommen und Arbeitsbedingungen benachteiligt. Dazu kommt, dass in vielen Berufen, in denen vorwiegend Frauen arbeiten, das Lohnniveau niedriger, Arbeitsanforderungen und Stress aber höher sind. Das ist ein Thema für den Kreis Groß-Gerau. Beispielsweise sollte die Wirtschaftsförderung einen ganzheitlichen Blick auf die Branchen entwickeln und sich nicht nur mit Automotive-Clustern beschäftigen. Eine gute berufliche Beratung, ob in den Jobcentern, aber auch in den Einrichtungen für den (Wieder-) Einstieg von Frauen in den Beruf ist unerlässlich. Die Unterstützung von Frauen, die nicht im Bezug von Arbeitslosengeld II sind, ist unbedingt flächendeckend auszubauen und ausreichend zu finanzieren.

Die Arbeitsmarktpolitik von Bund und Land führt dazu, dass immer mehr Bevölkerungsgruppen aus dem Unterstützungssystem herausfallen. Auch Männer, die nicht im Leistungsbezug sind, brauchen Hilfen beim (Wieder-) Einstieg in den Beruf. Hierzu ist es notwendig, den Bedarf zu erheben und Beratungs- und Unterstützungssysteme zu etablieren. Viele Menschen sind bereits von der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen und haben große Probleme, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.

Für eine lebenswerte Region

Nachhaltige Regionalpolitik, wie DIE LINKE sie gestalten will, beginnt bei den Gemeinden und den Landkreisen. Die Wahlentscheidung in den einzelnen Kommunen bestimmt deshalb auch die Entwicklung der gesamten Region und des Kreises Groß-Gerau. Nicht zuletzt werden die Mitglieder der Regionalversammlung Süd von den neu gewählten Parlamenten gewählt.

In Zeiten des Klimawandels muss Regionalpolitik deutlich mehr als nur lokale Lösungen bieten, denn eine Vielzahl der sich verschärfenden Probleme lässt sich nur in größeren Zusammenhängen und koordiniert lösen. Dazu gehört eine Planung, die die Region robust gegen die Auswirkungen des Klimawandels macht und in der Lage ist, sich an verändernde Bedingungen anzupassen (Klima-Resilienz). Ebenso benötigen wir eine interkommunale Zusammenarbeit, um knappe Ressourcen effizient einzusetzen. Ob wir uns in unserer Heimat wohlfühlen und welche Lebensqualität wir haben, wird in starkem Maß letztlich von den Entscheidungen der Regionalplanung mitbestimmt, weshalb diese die Menschen unmittelbar betreffen.

Die Sicherung von Freiräumen als Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen ist vor der Ausweisung von Siedlungs- und Gewerbeflächen die wichtigste Aufgabe der Regionalpolitik. In Zeiten akuten Wohnungsmangels ist dies eine besondere Herausforderung, steht sie doch oft in Konkurrenz zu klimapolitischen Notwendigkeiten. Ergänzt wird dies noch durch die Aufgabe, die Mobilität der Menschen ebenso wie die Versorgung mit regional produzierten Nahrungsmitteln umweltverträglich zu gewährleisten. Obendrein ist eine nachhaltige Energieversorgung aus regenerativen Quellen das Gebot der Stunde.

Wir stellen deshalb eine aktive Regionalpolitik zur Wahl, die folgende Ziele verfolgt:

  • Begrenzung und langfristige Beendigung des Flächenverbrauchs, Vorrang der Erschließung von innerörtlichen Brachen und Bauflächen sowie eine angemessene Verdichtung im Wohnbestand
  • Neue Siedlungsflächen nur mit einem leistungsfähigen Angebot des ÖPNV
  • Keine neuen separaten Wohnsiedlungen und Gewerbeflächen in den Freiflächen
  • (Um-)Gestaltung neuer und bestehender Wohnsiedlungen zur Verbesserung der Klima-Resilienz
  • Gewährleistung von wohnungsnaher Versorgung durch regionale Einzelhandelskonzepte
  • Aktive Freiraumsicherung mit Aufwertung der ökologischen Qualität, auch zu Erholungszwecken
  • Vernetzung der Freiflächen mittels regionaler und ökologischer Grünzüge
  • Dauerhafte Freihaltung von Auen und Kaltluftschneisen
  • Schutz von landwirtschaftlichen Flächen mit hoher Bodenqualität vor Bebauung
  • Schutz der natürlichen Ressourcen wie dem Grundwasser sowie Minimierung der Rohstoffausbeutung, Vorrang von Recycling bei der Zementherstellung
  • Stärkung einer menschen- und umweltgerechten Mobilität durch Integration unterschiedlicher Verkehrsmittel
  • Wirksame planerische Minderung des Straßen-, Bahn- und Fluglärms
  • Minimierung der LKW-Verkehrswege bei Gewerbeansiedlungen
  • Steuerung der Nutzung von Solarenergie, Geothermie, Biomasse und Wasserkraft

Diese Grundsätze sind mit einer weiteren Ansiedlung von großen Logistikunternehmen nicht vereinbar. Der Kreis Groß-Gerau darf nicht weiter als Lagerhalle und rollende Lager für die Verteilung von Waren aller Art dienen. Dies führt nicht zur Zersiedlung und Versiegelung der Landschaft, sondern auch zu erhöhtem Verkehrsaufkommen und problematischen Arbeits- und Sozialverhältnissen. Bereits ansässige Unternehmen tragen die Verantwortung für die Mitarbeiter*innen im Transportgewerbe und müssen für geeignete Unterkünfte und hygienische Einrichtungen sorgen.

Wir wollen unseren Kreis Groß-Gerau gemeinsam mit den Kreisen und Städten Südhessens zu einer nachhaltig und ökologisch orientierten Region entwickeln. Deren Stärken, ihre Weltoffenheit sowie die Vielfalt ihrer Menschen und ihrer Natur wollen wir nachhaltig sichern, damit unser Kreis und unsere Region lebens- und liebenswert bleiben.

Wohnen muss bezahlbar sein

Die Rhein-Main Region ist Zuzugsgebiet, insbesondere der Kreis Groß-Gerau mit seiner sehr guten Verbindung zum Frankfurter Flughafen. Dies sorgt dafür, dass der Kreis ein enormer Ballungsraum ist, sodass eine Kommune bereits einen Zuzugsstopp erklärt hat und mancherorts gegen menschenrechtsunwürdige Unterbringungen in Garagen und anderen Unterkünften vorgegangen werden muss.

Die Mieten und Nebenkosten im Kreis Groß-Gerau sind kaum noch bezahlbar.
Infolgedessen zahlen viele Menschen mehr als die Hälfte ihres Nettoeinkommens für die Miete und Nebenkosten und finden trotzdem keine für sie angemessene Wohnung. Zukünftig werden vermehrt Menschen zuwandern, die trotz gutem Einkommen keine Wohnung in Frankfurt gefunden haben (z.B. auch aufgrund des Brexits) und nicht in der Lage sind, die hohen Mietpreise im Kreis zu zahlen.

Gleichzeitig werden die letzten freien Flächen im Kreis dazu genutzt, hochpreisige Immobilien zu vermarkten. Bebauungspläne sehen eine Gegenentwicklung zum angespannten Mietmarkt überhaupt nicht vor. Eine angespannte Situation, die, wenn sie nicht in den nächsten Jahren angegangen wird, ein noch größeres Konfliktpotential birgt. Bundesländer wie Berlin haben bereits reagiert und einen Mietendeckel eingeführt. Dies wäre auch für das Rhein-Main-Gebiet und Südhessen erforderlich.

Trotz staatlicher Förderung von Wohnraum ist der soziale Wohnungsbau fast zum Erliegen gekommen. Pro Jahr braucht Hessen mindestens 10.000 und der Kreis Groß-Gerau 1.000 neue Sozialwohnungen, auch solche für Studierende. Der Kreis hat die Aufgabe, gemeinsam mit den Kommunen dafür zu sorgen, dass sozialer Wohnungsbau in kommunalen Gesellschaften und Genossenschaften erfolgt. Für Menschen im Sozialleistungsbezug müssen die zugelassenen Mietgrenzen den tatsächlichen Mieten am Markt entsprechen. Alleinerziehende und Menschen mit niedrigen Einkommen benötigen mehr Unterstützung bei der Wohnungssuche. Die kommunalen Gesellschaften müssen für weitere Gruppen kurzfristig Wohnungen zur Verfügung stellen, so zum Beispiel für Frauen, die aus dem Frauenhaus ausziehen wollen, für Menschen ohne Wohnung oder Strafentlassene.

Der Kreis Groß-Gerau soll den Wohnungstausch und die Untervermietung fördern. Es gibt ältere, alleinstehende Menschen, die nach ihrer eigenen Einschätzung in für sie zu großen Wohnungen oder Häusern leben. Für einen Umzug oder eine Untervermietung benötigen sie allerdings Unterstützung bei finanziellen und organisatorischen Fragen sowie bei Umzügen und der Gestaltung von Mietverträgen. Hier sollte der Kreis hilfreich zur Seite stehen und kann somit Wohnungen für Familien gewinnen. Es ist zu überprüfen, ob ungenutzte Gewerbeimmobilien in Wohnraum, beispielsweise für Studierende, umzuwandeln sind. Es darf keinen Wohnungsleerstand geben, Wohnungsbaugesellschaften müssen verpflichtet werden, leerstehende Wohnungen zu vermieten.

Eine älter werdende Bevölkerung möchte gerne im gewohnten Umfeld leben, allerdings auch in einer angenehmen Gemeinschaft. Hier ist mehr Unterstützung für Mehrgenerationenwohnen und altersgerechtes Wohnen erforderlich. Schließlich soll die Selbständigkeit so lange wie möglich erhalten bleiben. Das ist in Gemeinschaften viel besser zu organisieren. Allerdings bedarf es hierbei für die Entwicklung weiterer Unterstützung von außen. Mietshäuser, Syndikate und andere Formen von selbstorganisierten Hausprojekten sind zu fördern und deren Bildung zu unterstützen.

In den Kreiskommunen entstehen viel zu wenige Wohnungen mit Sozialbindung. Deshalb muss der Kreis mit den Kommunen ein Konzept für bezahlbaren Wohnraum entwickeln. Neue Wohngebiete sollten zu mindestens 30 Prozent aus gefördertem Wohnraum bestehen. Viele Berufsgruppen haben Anspruch auf geförderten Wohnraum, weil sie über ein mittleres Einkommen verfügen, wie Verkäufer*innen, Erzieher*innen, Friseur*innen oder Polizeibeamte. Die Politik ist gefordert, diesen Menschen bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Um überhöhte Mieten zu verhindern, sollte der Kreis auf gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaften, Genossenschaften und eine kreiseigene Wohnungsbaugesellschaft setzen, die gemeinsam mit den Kommunen errichtet wird. Außerdem sollten Wohnungen, die aus der Mietpreisbindung gefallen sind, keine besonderen Mieterhöhungen erfahren und die Sozialbindung nicht mehr begrenzt werden.

Auch die Nebenkosten steigen ins Unerträgliche. In allen Kreiskommunen wurde die Grundsteuer zum Teil empfindlich erhöht. Bund und Land muss den Kommunen ausreichende finanzielle Mittel zur Verfügung stellen, damit sie ihren wachsenden Aufgaben nachkommen können. Aktuell beschaffen sie sich das Geld dafür von den Bürger*innen über Steuern und Beiträge, aber gerade Rentner*innen und Mieter*innen leiden unter diesen Belastungen. Zusätzlich führen die Energiekosten zu einer sogenannten zweiten Miete. Hier ist der Kreis gefordert, mit den Stromversorgern Vereinbarungen für einen sozial- ökologischen Tarif zu treffen, der einen Jahresverbrauch von 1000 Kilowattstunden kostenfrei oder kostengünstig zur Verfügung stellt und höhere Verbräuche entsprechend verteuert. Gleichzeitig sollen Menschen mit niedrigen Einkommen verstärkt Energieberatung und Hilfen beim Kauf von stromsparenden Haushaltsgeräten angeboten werden.

Die Kommunen müssen vom Land in die Lage versetzt werden, für eine gute Infrastruktur zu sorgen, ohne zusätzliche Beiträge wie für den Straßenausbau verlangen zu müssen. Auch die Grundsteuer sollte moderat bleiben.

Gesund und sicher leben

Im Kreis Groß-Gerau gibt es drei Krankenhäuser, mehrere medizinische Versorgungszentren und eine ausreichende Struktur von weiteren Gesundheitsdienstleistungen, die allerdings gerade bei den heilmittelerbringenden Berufen nicht gut bezahlt und ausgestattet sind. Es fehlen insbesondere Hausarzt- und Kinderarztpraxen sowie Hebammen. Es gibt keine kinderpsychiatrische Praxis im Kreis.

Die Ausstattung mit Schutzausrüstung war zu Beginn der Corona-Krise ein großes Problem, gerade für die ambulanten Einrichtungen und die Altenpflege. Immer noch gibt es Probleme, die Materialien in ausreichender Menge und zu einem angemessenen Preis zu erhalten. Dies erhöhte in vielen Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens die Kosten und die Gefahren für die Beschäftigten.

Dass der Kreis noch ein Krankenhaus besitzt, für das er verantwortlich ist, hat er auch und gerade der LINKEN. Offenen Liste im Kreistag und der Partei DIE LINKE zu verdanken. Keine Organisation hat sich so sehr dafür eingesetzt, dass die Klinik erhalten bleibt. Im Interesse der Kolleginnen und Kollegen, die seit Jahren dort gute Arbeit leisten und ganz besonders im Interesse einer guten gesundheitlichen Versorgung bleibt die Kreisklinik notwendig. Die Gesundheitspolitik in Deutschland setzt nur auf Mengenausweitung, auf teure Operationen und auf Personalabbau in der Pflege und anderen nicht-ärztlichen Bereichen. Einfacher haben es die privaten, großen Kliniken, die Gesundheitskonzernen angehören. Die kommunalen und kleineren Kliniken arbeiten meist defizitär. Die hessische Landesregierung kommt nicht vollständig für die Investitionskosten auf, obwohl sie dazu verpflichtet ist. Im Gegenteil, die Krankenhäuser – öffentliche wie private - erhalten Zuschüsse, die das Land über Umlagen den Kommunen wegnimmt. Das heißt, dass die Kommunen die Investitionskosten der Kliniken weitgehend selbst zahlen.

Aufgrund der roten Zahlen wurden in der Kreisklinik mehrere Umstrukturierungspläne erstellt. Jetzt wird ein intersektorales Gesundheitszentrum auf den Weg gebracht und es wird von Seiten der Krankenkassen überlegt, dieses global und nicht für einzelne Leistungen zu finanzieren. Dazu sollen zusätzliche Angebote wie Kurzzeitpflege, ambulantes Operieren, Rehabilitation, etc. kommen. In der Corona-Krise war das medizinische Versorgungszentrum am Krankenhaus Test-Center und hat mit seinem Drive-In überregionale Präsenz erreicht. In der Klinik selbst werden an COVID-19 Erkrankte behandelt und beatmet.

DIE LINKE. Offene Liste sieht die Umgestaltung der Klinik in ein intersektorales Gesundheitszentrum als richtig und erforderlich an. Es gilt, darum zu kämpfen, dass dieses in der Lage ist, seine Aufgaben zu erfüllen und das reduzierte Personal zu halten. Die Mitarbeiter*innen vom Reinigungs- und Küchendienst werden wieder in die Klinik und den TVÖD eingegliedert. Die Klinik soll im Interesse der Patient*innen eine gute Arbeit leisten können, dazu gehört es auch, dafür zu sorgen, dass sie nach dem Klinikaufenthalt oder einer ambulanten Operation gut versorgt werden. Hierfür ist teilweise Pflege, aber auch eine adäquate ambulante Versorgung erforderlich. Hausärzt*innen sollen eine Lotsenfunktion im Gesundheitssystem einnehmen und dafür sorgen, dass die richtige Therapie zum richtigen Zeitpunkt stattfindet. Deshalb brauchen wir im Kreis mehr ambulante Gesundheitszentren, in denen verschiedene Professionen zusammenarbeiten. Gerade Physiotherapeut*innen, Logopäd*innen, Ergotherapeut*innen und andere Heilmittelberufe sollen darüber hinaus bessere Arbeitsbedingungen erhalten.

Die Notfallversorgung im Kreis soll umgestaltet und gebündelt werden. Rettungsdienst, ambulante Notfallzentrale der Klinik und der ärztliche Bereitschaftsdienst sollen an einem Tresen zusammenarbeiten und Menschen gleich die richtige Behandlung ermöglichen. Das führt zu einer verbesserten Behandlungsqualität und zu geringerer Unsicherheit bei den Patient*innen, aber auch zu Arbeitszufriedenheit bei den Beschäftigten.

Zwei Einrichtungen sind im Kreis für den Lebensanfang und das Lebensende erforderlich. Nachdem es nur noch die Möglichkeit gibt, im gpr Rüsselsheim Kinder auf die Welt zu bringen, soll mit den Hebammen im Kreis ein ambulantes Geburtshaus auf den Weg gebracht werden. Neben der medizinischen Palliativversorgung und ehrenamtlichen Hospizvereinen ist die Einrichtung eines stationären Hospizes erforderlich. Dort können Menschen in einer würdigen Umgebung Abschied vom Leben nehmen.

Im Kreis muss eine Stelle geschaffen werden, um Beweise von Vergewaltigungen zu sichern. Diese müssen aufbewahrt werden, bis sich die betroffene Frau entscheidet, ob sie eine Anzeige erstatten möchte. Die Einrichtungen, welche sich mit Gewalt gegen Frauen und Mädchen beschäftigten, benötigen eine ausreichende Unterstützung durch die kommunalisierten Landesmittel und eigene Mittel des Kreises. Im Kreis wird ein zweites Frauenhaus errichtet, die Frauenhäuser sollen nach Plätzen und nicht nach aufgenommenen Frauen finanziert werden. Die Interventionsstelle muss ausgebaut und die Einrichtungen, die sich mit häuslicher Gewalt beschäftigen, angemessen unterstützt werden. Dazu ist es notwendig, dass alle Einrichtungen und Angebote gemäß der seit 2018 geltenden Istanbul-Konvention (Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt) überprüft und gestaltet werden.

Im Kreis Groß-Gerau soll eine Clearingstelle für Menschen ohne ausreichenden Krankenversicherungsschutz eingerichtet werden. Dort wird die Versicherung und die Kostenübernahme geregelt, die Kosten sollen über einen landesweiten Fonds erbracht werden. Diese soll an eine Einrichtung angeschlossen sein, die gesundheitliche Versorgung für Menschen anbietet, die nicht zu anderen Einrichtungen gehen können. Eine Straßensozial- und Gesundheitsarbeit soll mit dieser Einrichtung eng zusammenarbeiten.

Wir brauchen überdies eine andere Drogenpolitik. Bestimmte Drogen wie Cannabis werden als illegal klassifiziert, andere Drogen wie Alkohol werden öffentlich beworben. Auch im Kreis Groß-Gerau werden Cannabis-Konsument*innen kriminalisiert. Damit muss Schluss sein. Der Kreis muss sich für ein Programm der kontrollierten Abgabe ab Personen ab 18 Jahren einsetzen, ob in Cannabis-Clubs oder speziellen Läden.

Die ambulante Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen und Problemen muss verbessert werden. Wir brauchen eine ambulante Kriseneinrichtung, die 24 Stunden täglich ansprechbar ist. An diese können sich Menschen in psychischen Krisensituationen persönlich oder telefonisch melden und finden die notwendige Aufmerksamkeit und Hilfe. Professionelle Kräfte und Mitarbeiter*innen mit eigener Psychiatrieerfahrung kommen nach Hause, um die Krise im persönlichen Umfeld anzugehen. Darüber hinaus soll es eine Krisenpension geben, in der man einige Tage wohnen kann, um wieder Fuß zu fassen. Der gemeindepsychiatrische Verbund muss gemeinsam mit der Kreisverwaltung dafür sorgen, dass ausreichend Angebote für die verschiedenen Hilfebedarfe vorhanden ist. Psychiatrieerfahrene sollen als Expert*innen in die Prozesse einbezogen und ihre Arbeit finanziert werden.

Der öffentliche Gesundheitsdienst spielt gerade in der Corona-Pandemie eine große Rolle. Allerdings hat er so viele Aufgaben, die er mit dem vorhandenen Personal nicht bewältigen kann. Deshalb ist es weiterhin erforderlich, für eine gute Personalausstattung zu sorgen und beim Land für eine gute Finanzierung desselben einzutreten.

Wir brauchen mehr Pflegekräfte im Kreis Groß-Gerau. Die Bevölkerung wird älter, der Kreis hat zwar viele Pflegebetten, aber viel zu wenig Pflegekräfte. Die Pflegekräfte müssen gut ausgebildet sein, wofür wir mehr Ausbildungsplätze brauchen. Im Kreis sollte ein eigenes Ausbildungszentrum für Gesundheits- und Pflegeberufe geschaffen werden. Pro Jahr müssen etwa 20 Ausbildungsplätze mehr und dafür Kapazitäten in Schulen und Praxisstellen geschaffen werden. Mit diesem Zentrum soll der Kreis in die Lage versetzt werden, seinen Bedarf an Pflegekräften, Hebammen, Heilerziehungskräften, Assistenzberufen und anderen therapeutischen Professionen auf lange Sicht zu decken und die Interdisziplinarität zu fördern. In Bezug auf die Pflege heißt dies vor allem, eine Ausbildungsstätte zu schaffen, welche weitreichende Differenzierungsmöglichkeiten für den zweiten Ausbildungsabschnitt im neuen Berufsbild Pflegefachfrau/Pflegefachmann eröffnet, die von den aktuell vorhandenen Pflegeschulen nur partiell abgedeckt werden können. Der Beruf sollte stärker beworben werden, Anpassungsfort- und Ausbildungen für Menschen, die bereits in ähnlichen Berufen - beispielsweise im Ausland - tätig waren, sollen angeboten werden.

Das Thema Pflege muss stärker in der Gesellschaft verankert werden. Pflegekräfte brauchen gute Arbeit mit guter Bezahlung: mit vergünstigtem Wohnraum, Nulltarif für Bus und Bahn, freies Parken für die ambulante Pflege können sie vom Kreis unterstützt werden. Der Kreis sollte bessere Informationen zu Pflegeleistungen und Unterstützungsangebote herausgeben und dafür sorgen, dass mehr ergänzende Angebote für die häusliche familiäre Pflege, wie Kurzzeitpflege, Tagespflege, Angebote für Demenzerkrankte, Pflegewohngemeinschaften, ethische Entscheidungshilfeangeboten werden. Die Altenhilfeplanung im Kreis muss so gut aufgestellt sein, dass sie die Zukunftsfragen bewältigen kann. Dafür ist eine enge Zusammenarbeit mit Anbietern erforderlich.

DIE LINKE setzt sich dafür ein, dass die Pflege wie das Gesundheitswesen von öffentlichen Institutionen und nicht von privaten erbracht wird. Beide Aufgaben sind viel zu wichtig für die Menschen, als dass sie unter Profitgesichtspunkten stattfinden dürfen. Im Kreis Groß-Gerau sollte ein Eigenbetrieb für Langzeitpflege gegründet werden, der große und kleine Einrichtungen und alternative Wohn- und Betreuungsformen unter seinem Dach vereint. Wenn private Einrichtungen zurückgedrängt werden, die ihren Profit mit hohen Pflegeplatzkosten und mit geringem Personaleinsatz erwirtschaften, wird sich die Situation für Pflegebedürftige verbessern. Allerdings muss sich der Kreis auch für eine Pflegevollversicherung, in die alle einbezahlen, um zu verhindern, dass von der Rente nichts mehr für die persönlichen Bedürfnisse übrigbleibt und um die Kosten der Sozialhilfe zu reduzieren.

Zu einem sicheren Leben im Kreis gehört auch das Engagement von vielen Ehrenamtlichen wie Hauptamtlichen bei Rettungsdiensten, Feuerwehren, technischen Hilfswerken, aber auch der Polizei. Auch wenn dies Aufgabe des Landes Hessen ist, sollten wir das Land nicht aus seiner Pflicht entlassen. Ein zahnloser Papiertiger nützt keinem, deshalb besteht unsere Forderung nach einer besseren, zeitgemäßen und personellen Ausstattung der Polizei im Kreis. Es muss sichergestellt werden, dass in jeder Gemeinde eine Dienststelle mit einer täglichen Rund-um-die-Uhr Besetzung vorhanden ist. Die Aus- und Weiterbildung der Polizeibeamten für ein zeitgemäßes Handeln sollte Sensibilisierung zu den Themen Rechtsextremismus und Rassismus sowie Gewalt gegen Frauen und Kinder beinhalten. Zumindest auf Landesebene braucht es eine Beschwerdestelle, an die sich Betroffene wie Polizeibeamte wenden können.

Für ein gutes soziales Miteinander

Menschen mit niedrigen Einkommen sollen selbstverständlich und ohne den Blick auf den Geldbeutel am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können. In allen Einrichtungen des Bildungswesens sowie der Kinder- und Jugendarbeit sind alle Angebote für Familien mit niedrigen Einkommen diskriminierungsfrei zur Verfügung zu stellen. Dafür braucht es eine Teilhabekarte, die alle Vergünstigungen in den Kommunen des Kreises vereint und kostenlose oder kostengünstige Monatskarten für den öffentlichen Nahverkehr ermöglicht.

Wir müssen alle Register gegen Armut ziehen, um sie verhindern, zu mildern und perspektivisch abzuschaffen. Für Kinder und Jugendliche sind gute Bildungs-, Freizeit- und Sportangebote erforderlich, die ihnen kostenlos oder sehr kostengünstig zur Verfügung stehen. Alleinerziehende brauchen ganz besonders gute Kinderbetreuung, ein gutes Gemeinwesen und soziale Beratung, um Erwerbstätigkeit und Familienarbeit miteinander zu vereinbaren. Menschen mit Migrationshintergrund gehören oft zu denjenigen mit niedrigen Einkommen, wenn sie nur schlecht bezahlte Arbeit und teure Wohnungen bekommen. Hier gilt es für den Kreis und seine Kommunen, gegen Diskriminierung aktiv zu werden. Ältere Menschen, ganz besonders Frauen, haben eine zu niedrige Rente, um über die Runden zu kommen. Sie schämen sich davor, Sozialleistungen zu beantragen. Es ist wichtig, den Mindestlohn für Alle zu erhöhen und für gerechte Löhne zu sorgen. In Notsituationen muss es allerdings eine soziale Infrastruktur geben, die für existenzsichernde Sozialleistungen, bezahlbare Wohnungen, kostenlose oder bezahlbare Mobilität und Teilhabe an Kultur und Gesellschaft sorgt.

Familien benötigen mehr Unterstützung. Sie sind oft genug mit der schwierigen Frage der Kindererziehung, der Unterstützung der Jugendlichen und der häuslichen Pflege alleine gelassen. Dafür ist ein breit angelegtes und überkonfessionelles Angebot an familienunterstützenden Maßnahmen, wie Beratung, praktischer Hilfe und Elternbildungsarbeit erforderlich.

Unterstützung durch die Jugendhilfe darf weder bevormundend, noch vernachlässigend sein. Die Kapazitäten im Jugendamt müssen mit finanzieller Unterstützung durch das Land ausgebaut werden. Die Mitarbeiter*innen im sozialen Dienst dürfen nur eine begrenzte Anzahl von Familien betreuen, es muss genügend Anlaufstellen im akuten Fall geben. Eine langfristige Hilfe der Familien, aber auch der Jugendlichen über das 18. Lebensjahr hinaus ist erforderlich. 

Kinder- und Jugendrechte sollen einen hohen Stellenwert im Kreis Groß-Gerau bekommen. Alle Kinder und Jugendlichen sollten über ihre Rechte informiert werden und wissen, wie sie sie nutzen können. Das muss ein wesentlicher Bestandteil der schulischen wie außerschulischen Bildung werden, aber auch in Kitas sind bereits Kinderrechte zu vermitteln. In der Verwaltung muss es Ansprechpartner*innen geben, an die sich Kinder und Jugendliche bei Verletzung ihrer Rechte in der Familie, in der Schule, Freizeit, Sport, bei Gewalt und im Gesundheitswesen wenden können.

Perspektivisch sollen nicht nur alle Lernmaterialien, Fahrtkosten und Mittagessen in den Bildungseinrichtungen kostenlos sein, sondern es sollen auch keine Kosten mehr für die frühkindliche Bildung bei den Eltern anfallen. Gleichzeitig müssen die Lasten für die Kinderbetreuung auf Bund und Land verlagert werden. Es ist skandalös, dass hessenweit 67 Prozent der Kinderbetreuungskosten an den Kommunen hängen bleiben. Alle Kinder ab dem ersten Lebensjahr müssen in den Genuss einer qualifizierten, öffentlichen vorschulischen Bildungseinrichtung kommen können. Das ist im Gesetz festgeschrieben, allerdings drückt sich das Land um die vollständige Erstattung der Investitionskosten der Kommunen. Wir brauchen viel mehr Kita-Plätze, denn manche Kinder bekommen aktuell erst mit vier Jahren einen Platz.

Die qualitative und quantitative Ausstattung der frühkindlichen Bildung muss den inhaltlichen Anforderungen folgen. Das bedeutet, es werden mehr Erzieher*innen für kleinere Gruppen gebraucht. Die Gruppengröße sollte sich an der Untersuchung des Kinderbetreuungsnetzwerks der Europäischen Union orientieren, das bedeutet Gruppengrößen von maximal 15 Kindern für die 3- bis 6-Jährigen und ein Betreuungsschlüssel von 6-8 Kindern pro Fachkraft. Diese müssen ausgebildet und gut bezahlt werden. Der Kreis muss sich gemeinsam mit den Kommunen für eine Aufwertung der Erziehungsberufe stark machen, denn wir brauchen dringend mehr Plätze in der praxisintegrierten sowie der schulischen Ausbildung für Erzieher*innen.

Flüchtlinge sollen im Kreis Groß-Gerau in normalen Wohnungen leben, sodass sie schnell Kontakt zur Nachbarschaft bekommen können. Solange Gemeinschaftseinrichtungen aufgrund des Wohnraummangels nötig sind, sollten diese möglichst klein sein – während der Corona-Pandemie müssen Zimmer, Küche und Bad nur für eine Familie zur Verfügung stehen. Geflüchtete Menschen benötigen neben dem ehrenamtlichen Engagement ausreichend professionelle Ansprechpartner*innen in sozialen und rechtlichen Angelegenheiten sowie eine gute gesundheitliche Versorgung. Die Betreuung in den Aufnahmeeinrichtungen soll mindestens im Verhältnis 1:60 stehen, darüber hinaus muss es Beratungsstellen für die psychosoziale und die Verfahrensberatung geben. Wenn Flüchtlinge Einkommen erzielen und in der Unterkunft wohnen, müssen sie in den meisten Kommunen hohe Gebühren zahlen. Im Kreis Groß-Gerau wurden sie auf Initiative der LINKEN auf 250 Euro gedeckelt.

Der Zugang zu sozialen und kommunalen Angeboten muss transparent gemacht werden. Ein Wegweiser, der auch von Menschen ohne ausreichende Deutschkenntnisse genutzt werden kann, ist ein geeignetes Mittel, um Informationen an Betroffenen zu bringen. Weiterhin werden in einigen Fällen professionelle Dolmetscher*innendienste für die gleichberechtigte Nutzung der Sozial-, Bildungs- und Gesundheitswesens benötigt. Diese müssen zumindest für Menschen mit niedrigen Einkommen kostenlos sein.

Jugend endlich ernst nehmen

50.000 Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre leben im Kreis Groß-Gerau. Viele der bereits benannten Probleme spiegeln sich auch in den alltäglichen Leben der Jugend des Kreises Groß-Gerau wieder – besonders in denen der marginalisierten. Kinder und Jugendliche sind besonders von Armut betroffen, mehr als 7.500 leben im Kreis von Hartz IV Leistungen – das sind mehr als 15 Prozent. Dazu kommen diejenigen im SGB XII und Asylbewerberleistungsgeldbezug. Kinderarmut hat viele Auswirkungen. Kinder und Jugendliche leben in schlechten Wohnverhältnissen und haben weniger für den Schulunterricht anwendbare technische Geräte. Das führt gerade bei einem Unterricht zu Hause zu großen Problemen. Oft gibt es auch keine Erwachsenen oder Ältere, die bei Schulaufgaben behilflich sein können.

Schlechtere Ernährung und Gesundheitsversorgung führen bei Kindern aus Familien mit niedrigeren Einkommen öfters zu gesundheitlichen Problemen. Sie können weniger an bestehenden Freizeitangeboten teilnehmen. Sie erfahren Ablehnung in der Schule und Freizeit, weil sie sich nicht das leisten können, was bei anderen selbstverständlich ist.

Solche Zustände sind nicht hinnehmbar. DIE LINKE engagiert sich für die von Armut betroffenen Jugendlichen im Kreis. Schwimmbäder und kostenfrei nutzbare Sportplätze müssen erhalten bleiben bzw. wiedererrichtet werden. Der Besuch von kulturellen und sportlichen Jugendfreizeitangeboten muss ohne Hindernisse möglich sein. Wir brauchen einen barrierefreien Zugang zu Räumen, wie zu Bildung, Information, Kultur und Kommunikation sowie im öffentlichen Raum, wie zu Gehwegen, Bushaltestellen und Kreuzungen. Kinder und Jugendliche sollten den Nahverkehr vollkommen kostenfrei nutzen können. Auch das Bereitstellen von kostenlosem Mittagessen aus regionalen Produkten in Kitas und Schulen sollte die Regel sein. Darüber hinaus fordern wir auch ein funktionierendes Programm zur inklusiven Beschulung. Kinder mit Beeinträchtigungen jeder Art können momentan nicht in jeder Klasse aufgenommen werden. Die hessische Bildungspolitik geht auf Kosten der Schüler*innen, der Lehrkräfte und auch der Eltern. Jede inklusiv arbeitende Klasse benötigt zusätzliches Personal und ergänzend zum Klassenraum einen Gruppenraum, um differenzierten Unterricht zu gestalten.

Freiräume für Jugendliche müssen gefördert werden. Wir sehen aktuell einen Verdrängungsprozess von Jugendlichen, die sich informell treffen wollen. In der Corona-Pandemie zeigte sich dies im Sommer sehr stark. Kaum gibt es noch Möglichkeiten, zu baden, zu feiern oder sich zu treffen, ohne in Konflikt mit kommunalen Behörden und dem Naturschutz zu kommen und die eigene Sicherheit zu gefährden. DIE LINKE fordert Kreis und Kommunen auf, unter Beteiligung der Jugendlichen Lösungen zu finden, die den Jugendlichen die Möglichkeit geben, ihre Freizeit selbstbestimmt zu gestalten – unter Berücksichtigung von Naturschutz und Sicherheit. Dazu gehören auch kulturelle Veranstaltungen. Das Trebur Open Air ist ein tolles Beispiel für das hohe Engagement, das junge Menschen einbringen, wenn sie für sich und andere ein dreitägiges Festival auf die Beine stellen.

Der Kreis hat auf Initiative der Koalition aus SPD, Grünen und LINKEN eine Stelle für Jugendbeteiligung geschaffen. Diese hat die Aufgabe, die Kommunen bei der Entwicklung und Umsetzung von Jugendbeteiligung zu unterstützen, sodass Jugendliche bei der Gestaltung des Gemeinwesens selbstverständlich mitgestalten können.

Minderheiten haben das Recht auf Gleichstellung

Leider sind Minderheiten ein viel zu oft vernachlässigter und vergessener Teil unserer Gesellschaft.

Sie finden sich in allen sozialen Schichten, werden aber bewusst- oder unbewusst nicht immer als solche wahrgenommen. Egal ob Menschen mit Migrationshintergrund, Arme, Arbeitslose, Obdachlose, gesundheitlich Eingeschränkte, Menschen mit Behinderung oder auch Menschen, die sich auf Grund ihrer sexuellen Orientierung oder ihrer eigenen Geschlechteridentifikation vom Großteil der Bevölkerung unterscheiden. Das gilt auch für ethnische und religiöse Gruppen. Ihnen allen ist gemein, dass sie in ihrem alltäglichen Leben oftmals ohne eigenes Verschulden, Diskriminierung, Benachteiligung sowie Ausgrenzung und Ungerechtigkeit erfahren.

Eingewanderte Menschen

Im Kreis Groß-Gerau leben 114.000 Menschen mit Migrationshintergrund, das sind etwa 41 Prozent der Bevölkerung. Dies sollte sich auch in den Institutionen, der Verwaltung, den Parteien und den Parlamenten widerspiegeln. In der Kreisverwaltung ist der Anteil noch viel zu gering, deshalb soll bei allen Stellenausschreibungen deutlich werden, dass Bewerbungen von Menschen mit Migrationshintergrund erwünscht sind. Zudem benötigt der Kreis ein anonymisiertes Bewerbungsverfahren. Gleichzeitig sollen sich alle Einrichtungen des Kreises Groß-Gerau, ob Kitas, Schulen, Beratungsstellen, die Wirtschaftsförderung, die Krankenhäuser, die Pflegeeinrichtungen, oder die Eigenbetriebe, auf eine inklusive Gesellschaft ausrichten. Das bedeutet, sie müssen im Hinblick auf die Kund*innen wie die Mitarbeiter*innen ihre Arbeit so gestalten, dass die betreffenden Menschen im Kreis sich angesprochen fühlen und erreicht werden. Dabei bietet die Beschäftigung von Mitarbeiter*innen mit Migrationshintergrund, auch an Leitungsstellen, einen großen Vorteil.

Queer

Mit der Ehe für Alle ist ein bedeutender Schritt für die Gleichstellung der verschiedenen Beziehungsformen gelungen. Dies darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Homosexuelle und Menschen mit eigener Geschlechteridentifikation mit Vorurteilen oder teilweise sogar mit Gewalt und Hass konfrontiert werden. Hier muss dringend Informations- und Aufklärungsarbeit betrieben und Betroffene besser unterstützt werden.

DIE LINKE versteht sich als Fürsprecherin jener Minderheiten, die das Grundgesetz und die Menschenrechte achten und nach dieser leben. Uns ist es wichtig, auf die Vielfalt in unserer Gesellschaft aufmerksam zu machen. Wir treten ein für ein größeres gesellschaftliches Bewusstsein, für die Bedeutung in einer Minderheit zu leben.

Minderheiten haben das Recht auf Chancengleichheit und Gleichbehandlung.

Barrierefreiheit ist die Grundvoraussetzung

Die Herstellung von umfassender Barrierefreiheit ist für DIE LINKE im Kreistag Groß-Gerau Grundvoraussetzung für selbstbestimmte und gleichberechtigte Teilhabe und Beteiligung. Deshalb setzen wir unsüberall konsequent für Barrierefreiheit ein. Sie lässt sich dabei von der Überzeugung leiten, dass Barrierefreiheit nicht nur Menschen mit Behinderungen dienlich ist, sondern einen Nutzen für alle Menschen hat.

Wir kämpfen gemeinsam für gesellschaftliche Strukturen, in denen jeder Mensch Rahmenbedingungen findet, in denen er seine Fähigkeiten, Fertigkeiten und Talente entfalten kann, niemand außerhalb der Gesellschaft steht und jede und jeder sich einbringen kann.

Der Kreis muss mit den Gemeinden eine einheitliche Leitlinie für einen barrierefreien Ausbau des öffentlichen Raums vereinbaren. Es muss einen Maßnahmen-, Dringlichkeits- und Zeitplan erstellt werden, welche Bushaltestellen, Überquerungen, Fußwege, etc. um- oder ausgebaut werden müssen.

Zur Barrierefreiheit gehört aber auch, dass alle öffentlichen Gebäude erreicht werden können, dass Menschen mit Hör- und Sprachbehinderung bei den Behörden ihre Anliegen erledigen und an Veranstaltungen gleichberechtigt teilnehmen können. Informationen sollen in leichter Sprache vorhanden, Webseiten barrierefrei sein. Schließlich soll es eine Selbstverständlichkeit sein, dass alle Menschen mit Beeinträchtigung ihrer Tätigkeit genauso wie Menschen ohne Beeinträchtigung nachkommen können. Dies gilt auch für die kommunalen Gremien.

Menschen mit Beeinträchtigungen benötigen einen besseren Zugang zum Arbeitsmarkt. Dazu sind Vermittlungshilfen erforderlich. Der Kreis sollte aber auch dafür sorgen, dass Integrationsbetriebe, in denen die Hälfte der Belegschaft Menschen mit Behinderungen sind, ausgebaut werden.

Der Zugang zu sozialen und kommunalen Angeboten muss transparent gemacht werden. Die Aufgabe des Kreises ist es, für alle Menschen mit Beeinträchtigungen die richtigen Angebote zur Gestaltung ihres persönlichen Lebens zu schaffen. Beispielsweise braucht der Kreis eine Einrichtung für Schwerstbehinderte, in der sie mit der notwendigen Unterstützung gut leben können. Aber auch im häuslichen Umfeld müssen die notwendigen Hilfen und Pflegeangebote vorhanden sein, um weiterhin dort leben zu können. Hier gilt es mit dem Landeswohlfahrtsverband Vereinbarungen im Interesse der Bürger*innen zu treffen.

Es gibt keine „Behinderten“, sondern Menschen mit Beeinträchtigungen werden behindert.

Sport und Vereine

Ein sehr wichtiger Teil des gesellschaftlichen Lebens im Kreis und den Städten und Gemeinden sind die Vereine für Sport, Kultur und Gemeinschaft. Sport und Bewegung zu fördern ist für uns eine besondere Aufgabe und kein Luxus. Die kommunale Sportförderung hat Konsequenzen für das Wohlbefinden im Kreis Groß-Gerau. Hierfür müssen der Kreis und die Kommunen die nötigen Voraussetzungen schaffen. Die Sporthallen müssen energetisch saniert und auch technisch auf dem neuesten Stand gehalten werden. Ein Sanierungsstau ist möglichst zu vermeiden. Auch nehmen die Hallen- und Freibäder im Kreis einen hohen Stellenwert für die Bevölkerung ein. Der Schwimmunterricht wird seit Jahren, auch im schulischen Alltag, immer mehr vernachlässigt. Folge davon sind immer wieder Badeunfälle durch Nichtschwimmer*innen. Der finanzielle Aufwand zum Erhalt der Bäder ist sehr hoch und es wird immer wieder darüber nachgedacht, einzelne Bäder zu schließen. Dies kann aber nicht im Sinne der Förderung des Breitensports sein und muss auf alle Fälle verhindert werden. Ein Ansatzpunkt hierbei kann die Zusammenarbeit mehrerer Kommunen, auch über Kreisgrenzen hinweg, zum Erhalt und Neubau von Schwimmbädern sein, zum Beispiel beim Bau eines Hallenbades im Südkreis.

Die Vereine müssen vom Kreis und von den Kommunen besser bei ihrer Arbeit unterstützt werden, anstatt ihnen durch Miet- und Pachtforderungen Steine in den Weg zu legen. Sie brauchen vom Land und vom Kreis eine bessere finanzielle Unterstützung und Beratung.

Die derzeit 249 Sportvereine im Kreis mit mehr als 86.000 Mitgliedern sind in erheblichen Maße mit ihren Angeboten daran beteiligt, dass die Bevölkerung aktiv und engagiert bleibt. Aber auch alle anderen Vereine haben eine große Bedeutung für den Kreis und seine Bevölkerung, ob es die Heimat- und Geschichtsvereine in Bezug auf die Pflege der Traditionen und Erinnerungen ist oder die Partnerschaftsvereine für eine Welt oder die Kulturvereine, Vereine für Natur-, Umwelt- und Tierschutz sowie die vielen anderen Vereine mit ihren unterschiedlichen Ausprägungen. Alle verdienen sie die Unterstützung ihrer ehrenamtlichen Arbeit.

Auch ist die meist ehrenamtliche Arbeit der Vorstände der Vereine äußerst vielfältig geworden und wird immer mehr geprägt durch Auseinandersetzungen mit immer neuen Vorschriften und Verordnungen sowie den Finanzbehörden.

Diese Vereine verfügen oft über kein finanzielles Polster, keine Rücklagen. Sie leben vom vielfältigen ehrenamtlichen wie auch finanziellen Engagement ihrer Mitglieder und brauchen deshalb finanzielle Hilfe und Unterstützung. Gerade in den Zeiten einer Pandemie.

DIE LINKE im Kreis Groß-Gerau hält die Förderung und den Erhalt von Sport- und allen weiteren Vereinen für essentiell und wird einen Fokus hierauf legen.

Ehrenamt braucht Hauptamt

Was wäre unser Kreis Groß-Gerau ohne die Ehrenamtlichen? Kein Verein, keine Hilfsorganisation, kein Rettungsdienst, keine Feuerwehr, keine kirchliche Einrichtung, nicht einmal eine Partei kommt ohne ehrenamtliche Leistungen aus. Personen, die sich freiwillig, unentgeltlich und uneigennützig für soziale Aufgaben einsetzen, sind in einer sozialen Gesellschaft unentbehrlich.

Wir alle wissen das, aber leider werden diese Leistungen selten genügend geschätzt und selten entsprechend gewürdigt. Die Ehrenamts-Karte des Kreises Groß-Gerau gibt allen Ehrenamtlichen ein kleines Dankeschön in Form von Vergünstigungen bei VHS-Kursen, Museen, Konzerten und kreiseigenen Veranstaltungen, allerdings lediglich auf Anforderung und mit riesigem Aufwand an Nachweisen.

Ehrenamtliche müssen für ihre Tätigkeiten von Arbeitgebern besser freigestellt werden. Ganz besonders gilt dies für politische Mandate, bei der Feuerwehr, beim Technischen Hilfswerk, bei Rettungsdiensten oder in der Jugendarbeit. Viele Arbeitgeber unterstützen das Engagement nicht, sondern legen Steine in den Weg.

Es darf nicht sein, dass Ehrenamtliche noch Geld mitbringen müssen, wenn sie ihre Freizeit in den Dienst der Gemeinschaft stellen. Das schließt Bevölkerungsgruppen mit niedrigem Einkommen aus. Es muss genügend Geld zur Verfügung gestellt werden, um Fahrtkosten und erhöhten Aufwand für die ehrenamtliche Arbeit bei Bedarf auszugleichen.

In vielen Feldern der sozialen Arbeit, aber auch im Umweltschutz werden die Aufgaben schnell auf Ehrenamtliche geschoben, wenn keine Hauptamtlichen finanziert werden. Ehrenamt braucht aber Hauptamt, Strukturen, Unterstützung, Supervision, Beratung und einen rechtlichen Rahmen. Ehrenamtliche müssen aufpassen, dass sie nicht vereinnahmt werden oder als Ersatz für Hauptamtliche missbraucht werden. Ehrenamt darf kein Ersatz für notwendige, professionelle Arbeit sein, sondern darf immer nur zusätzlich, gemeinnützig und entsprechend der individuellen Möglichkeiten erfolgen.

Hier kann die Koordinierungsstelle Ehrenamt, das Selbsthilfebüro, aber auch die Kommission „Bürgerschaftliches Engagement" koordinierend und kontrollierend tätig sein.

Für eine demokratische Gesellschaft - gegen Rechts und gegen Rassismus

Gerade in der heutigen Zeit, wo der rechte Terror und der Alltagsrassismus präsenter ist als je zuvor, setzen wir uns gegen Rassismus aller Art, Religionsfreiheit sowie für eine offene Gesellschaft ein. Im Kreis Groß-Gerau und auch in unserer unmittelbaren Umgebung sind in der letzten Zeit viele rechte motivierte Anschläge verübt worden, wie der Mord an Walter Lübke oder die Terroranschläge in Halle und Hanau. Sehr viele Bürgerinnen und Bürger mit Migrationshintergrund werden fast täglich mit ausländerfeindlichen Aussagen und sogar mit körperlicher Gewalt konfrontiert. Um nur ein Beispiel zu nennen, wurde eine in Deutschland gebürtige muslimische Frau mit Kopftuch am Groß-Gerauer Marktplatz rassistisch beleidigt und mit Alkohol überschüttet, als sie versuchte, in den Bus einzusteigen. Der Polizeibeamte, der die Anzeige aufnehmen sollte, zeigte kein Interesse und bagatellisierte den Vorfall. Erst auf Druck von links und der medialen Aufmerksamkeit über diesen Vorfall wurde von der Polizei ein „kommunikatives Missverständnis“ eingeräumt. Der Bürgermeister von Groß-Gerau, Erhard Walther (CDU), hat sich erst nach der Berichterstattung mit dem Opfer in Verbindung gesetzt. Das Opfer der rassistisch motivierten Tat fragte dem Bürgermeister in einem Brief: „Aber heißt das, dass ich in Zukunft solche Situationen einfach ertragen muss, nur, weil ich einen Migrationshintergrund habe?“

Wir sagen NEIN! Wir müssen gemeinsam gegen das Verharmlosen von Rassismus in unserer bunten Gesellschaft in Groß-Gerau vorgehen und jede rechte Tat zur Anzeige bringen, damit die Täter schnell zur Rechenschaft gezogen werden können. DIE LINKE steht für ein respektvolles Miteinander mit unseren Mitmenschen sowie eine demokratische, solidarische und offene Gesellschaft. Durch Dialog müssen Vorurteile abgebaut werden und aktiv gegen rechte Gewalt und Rassismus, egal welcher Art, ein Zeichen gesetzt werden, damit unsere Heimat der Kreis Groß-Gerau noch schöner und lebenswerter wird.

Mit dem Netzwerk gegen Rassismus und Rechtsextremismus und vielen anderen zivilgesellschaftlichen Gruppen gilt es, gegen Nazis und rechtsextreme Gruppierungen aktiv zu werden. Diese müssen merken, dass sie im Kreis Groß-Gerau keinen Fuß auf den Boden bekommen. Dafür brauchen wir viele Initiativen, um Rassismus zu erkennen und ihn zu bekämpfen, wir brauchen Anlaufstellen gegen Diskriminierung sowie zivilgesellschaftliche Empörung, wenn sich faschistische und rassistische Parteien und Gruppen in der Öffentlichkeit treffen.

Gedenkorte für Opfer des Faschismus und des Widerstandes benötigen wir, um zu erinnern: Nie wieder darf es soweit kommen, dass faschistische Parteien die Macht haben. Dafür muss alles getan werden. Dafür wollen wir die Erinnerungskultur im Kreis ausbauen.

Das Vertrauen vieler eingewanderter Menschen in die Polizei, die für die Sicherheit und den Schutz aller da sein sollte, ist erschüttert. Gerade jüngere Männer, die von der Gesellschaft als nicht-weiß (people of color) angesehen werden, erleben ständige Kontrollen und Durchsuchungen durch die Polizei (racial profiling). Es werden Hinweise auf Straftaten gesucht, die oft genug überhaupt nicht vorhanden sind. Damit soll einer Statistik genüge getan werden, die nichts mit der Lebenswirklichkeit zu tun hat. Wenn Menschen aber ständig drangsaliert werden, führt zu dies zu Traumatisierungen, die entweder zu einer Selbstschädigung oder zu Fremdaggressivität führen. Dieses Herangehen der Polizei, besonders gefördert von Beamten mit rechter Gesinnung, muss im Interesse eines friedlichen Miteinanders dringend gestoppt werden.

Ein wichtiger Bestandteil dieser Auseinandersetzung ist der Einsatz für geflüchtete Menschen. DIE LINKE setzt sich dafür ein, dass mehr Menschen konkret im Kreis Groß-Gerau aufgenommen werden, ob von den Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln oder aus den Herkunftsländern. Wir setzen uns aber auch dafür ein, dass Flüchtlinge nicht abgeschoben werden. Wenn ein Vater von zwei kleinen Kindern jetzt schon Jahre in Pakistan warten muss, weil es immer noch nicht möglich war, ihm nach der Abschiebung eine Rückkehr zu ermöglichen, dann ist damit das Recht auf ein Familienleben und damit das Grundgesetz verletzt. Die Ausländerbehörde des Kreises Groß-Gerau soll sich zu einer Willkommensbehörde für alle Eingewanderten entwickeln, diese kompetent und zuvorkommend beraten und unterstützen, sodass kurzfristig ein fester Aufenthaltstitel oder eine Einbürgerung möglich sind.

Wir stehen ein für Frieden und Solidarität                                                                               

Als LINKE sind wir Teil der Friedensbewegung. Wir unterstützen die Initiativen und außerparlamentarischen Aktionen der Friedensbewegung, zum Beispiel die „Initiative abrüsten statt aufrüsten“ und die Ostermärsche. Frieden und Abrüstung sind notwendig, damit unser Kreis im Interesse der Menschen weiterentwickelt werden kann, die hier leben und arbeiten.

Deshalb sind wir gegen Aufrüstung und internationale Kriegseinsätze der Bundeswehr. Wir wenden uns gegen jede Militarisierung des Lebens in unserem Kreis. Bundeswehrfeldwebel und bunte Kriegswerbung haben bei der Arbeitsberatung in Schulen und Jobcentern nichts zu suchen.

Die Zukunft der Welt erfordert internationale Solidarität, um dauerhaft Abrüstung und Frieden zu verwirklichen. Neue Waffen und Rüstungsexporte erhöhen die Gefahr neuer Kriege. Wertvolle Ressourcen werden verschwendet, die für eine friedliche Weltordnung dringend gebraucht werden - für die Bekämpfung von Fluchtursachen, für Entwicklungszusammenarbeit und die Verwirklichung der Menschenrechte. Auf- und Hochrüstung gehen zulasten notwendiger Investitionen in Kitas und Schulen, in bezahlbaren Wohnraum, öffentliche Infrastruktur, mehr soziale Sicherheit, Klimaschutz und eine ökologische Kreislaufwirtschaft. Hier vor Ort und weltweit.

Wir begrüßen, dass der Landrat das internationale Bündnis „Bürgermeister für den Frieden“ für eine Welt ohne Atomwaffen unterstützt. Noch mehr würden wir es begrüßen, wenn die Zusammenhänge zwischen Rüstung, Krieg und der Finanzsituation des Kreises in der Einbringungsrede zum Kreishaushalt deutlich benannt würden.

Kriege und Naturzerstörung sind die Hauptursachen für Flucht und Vertreibung. Dagegen sind auch in unserem Kreis solidarische Initiativen zu fördern und zu entwickeln.

Das NATO-Ziel, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für militärische Zwecke auszugeben, kostet Milliarden, die auch den Kommunen fehlen.

Notwendig ist eine solidarische internationale Zusammenarbeit gegen nationalistische Politik und profitorientierte Wirtschaft. Gute Beispiele dafür sind die Partnerschaft mit Masatepe (Nicaragua), das „Fairtrade“-Engagement des Kreises, aber auch viele Ausstellungen und Veranstaltungen im Landratsamt. Informations- und Bildungsangebote sollten noch stärker dafür genutzt werden, um in der Bevölkerung und den sozialen Organisationen ein Bewusstsein für das Leben in der Welt zu entwickeln. Hierbei wird ganz besonders die Kreisvolkshochschule benötigt.

Solidarische Hilfe in Entwicklungs- und Krisengebieten muss weiterentwickelt und selbstverständlich werden. Kooperationen und internationale Begegnungen in den Bereichen Entwicklungszusammenarbeit, gerechte Weltwirtschaft, Arbeitswelt, Umwelt und präventive Friedenspolitik müssen gefördert werden.

Ohne Frieden und internationale Solidarität hat unser Kreis und die Welt keine Zukunft!

Bildung ist ein Menschenrecht

Jedes Kind, jeder Jugendliche und jeder Erwachsene hat ein Recht auf gebührenfreie, gute Bildung und Weiterbildung. Bildung darf nicht vom Geldbeutel abhängen! Deshalb muss Bildung besser finanziert und der Ausbau zu einem inklusiven Schulsystem in gebundener Ganztagsform und gemeinsamem Lernen bis zur 10. Klasse stattfinden. Die politische Zielstellung im Kreis sollte der Ausbau ganztägig und inklusiv arbeitender Grund- und Gesamtschulen sein.

Kinder und Jugendliche müssen sich frei entsprechend ihrer Bedürfnisse entwickeln und entfalten. Sie brauchen Zeit für ihre persönliche Entwicklung. Sie brauchen Zeit für spielerisches Erproben und kreatives Gestalten, für gründliches Nachdenken und kritisches Prüfen sowie für die Entwicklung von Urteilsfähigkeit (vergleiche GEW Hessen 2017).

Der Kreis Groß-Gerau ist dafür zuständig, die Schulen des Kreises in einem guten Zustand zu erhalten, so dass alle Schüler*innen in einer angenehmen und solidarischen Atmosphäre lernen können, die Lehrkräfte ihre Arbeit professionell im Interesse guter Bildung nachgehen können und Eltern ihre Kinder sicher aufgehoben wissen. Dieser Aufgabe kommt der Kreis viel besser als einige seiner hessischen Nachbarn nach, bereits seit mehr als 20 Jahren gibt es ein demokratisch legitimiertes und systematisches Konzept, wie die Schulen saniert und ausgebaut werden. In dieser Zeit haben sich Anforderungen an digitales Lernen, an Inklusion und im Sinne einer umfassenden Bildung geändert. Jetzt steht der Kreis vor der Herausforderung, die Schulen auszubauen, um der gewachsenen Bevölkerung – gerade bei Kindern und Jugendlichen – zu entsprechen.

Der Kreis unterstützt alle Schulen beim Ausbau zur gebundenen und inklusiven Ganztagsschule. Die notwendige räumliche Ausstattung ist durch ein Investitionsprogramm vom Land zu finanzieren. Das Personal für die Ganztagsschulen soll beim Land sozialversicherungspflichtig und unbefristet beschäftigt sowie nach Tarif bezahlt werden. Sie sind Teil des Kollegiums und sollen einen Vollzeitvertrag erhalten. Die Schulsozialarbeit verbindet Jugendhilfe und Schule, für schulische Aufgaben muss sie auch gerade im Zusammenhang mit Inklusion vom Land finanziert werden. Ebenso muss sich das Land mehr für Kinder und Jugendliche engagieren, die als Seiteneinsteiger*innen nach Deutschland kommen, diesen sollte vom ersten Schultag an ein Kontingent an Lehrerwochenstunden zur Verfügung gestellt werden.

Eine gute, individuell angepasste Ausbildung ist Menschenrecht. Das gilt nicht nur für Kinder aus Akademikerfamilien, sondern ganz besonders auch für Kinder aus Familien, die nicht die Möglichkeit hatten, eine umfassende Bildung zu erwerben. Die Schulwahl schon nach der vierten Klasse quält Kinder, Eltern und Lehrkräfte. Ein längeres gemeinsames Lernen ist sinnvoll und notwendig. Die integrierte Gesamtschule bietet dies für alle Schüler*innen zumindest bis zur 10. Klasse. Danach müssen aber alle Jugendlichen in ihrer Umgebung eine an ihre Lernerfahrung angepasste Möglichkeit haben, das Abitur zu machen. Weiterhin ist es erforderlich, Schüler*innen in allen weiterführenden Schulen bereits frühzeitig Angebote für die berufliche Orientierung zu machen.

Integrierte Gesamtschulen sind die einzige Schulform, die die Leistungen der Kinder individuell fördern und jedes Kind seinem Vermögen entsprechend bilden und differenziert fördern. Gemeinsames Lernen von Kindern mit unterschiedlicher Begabung ist nachgewiesenermaßen besser als zu frühes Separieren nach vermutlichen Abschluss-Ebenen.

Gerade die Corona-Krise zeigt uns, dass konsequente Investitionen in Digitalisierung, Bildung und Ausstattung der Schulen sowie kleinere Lerngruppen für den Lernerfolg von Vorteil sind. Leider hat der sozioökonomische Status des Elternhauses in Deutschland weiterhin überdurchschnittlich viel Einfluss auf die Bildung und berufliche Zukunft von Schülerinnen und Schüler. Noch einflussreicher ist der Migrationshintergrund: Kinder mit Migrationshintergrund haben im Mathematikunterricht eineinhalb Schuljahre Rückstand gegenüber Kindern ohne Zuwanderungsgeschichte. Noch immer verfehlt fast jeder dritte in Deutschland geborene Jugendliche aus Migrantenfamilien in Mathematik das Grundkompetenzniveau.

Nicht nur Schülerinnen und Schüler profitieren von kleineren Klassen und einer Digitalisierung des Unterrichts, auch Lehrerinnen und Lehrer in Risikogruppen können durch Home-Schooling auch in Zeiten von Pandemien weiter unterrichten, sofern sie in ihrer Ausbildung genügend IT-Kenntnisse erworben haben und auch ihre Grundausstattung diese Art des Unterrichtens ermöglicht.

Lehrkräfte müssen aber nicht nur mit der Technik umgehen können, sondern Schüler*innen die Beherrschung und den kritischen Umgang mit diesen Lern- und Kommunikationsmitteln lehren. Neben der Ausstattung mit technischen Hilfsmitteln ist die Qualifizierung der Lehrkräfte wesentlich. In den Schulen sind IT-Kräfte zur sinnvollen Implementierung digitaler Angebote erforderlich.

Wir brauchen eine diskriminierungsfreie Schule. Dazu bedarf es einer echten Lernmittelfreiheit. Dafür ist das Land Hessen nach der Verfassung zuständig und gefordert, wirklich alle Lehrmittel zur Verfügung zu stellen, dazu gehören auch Kopien, Übungshefte, Kosten für Exkursionen und vieles mehr. Genauso ist der Kreis verpflichtet, für die Lehrmittel vollständig aufzukommen.

Inklusion gibt es nicht zum Nulltarif

Das jetzige Programm der Landesregierung der Inklusiven Beschulung funktioniert nicht. Es ist nicht möglich, Kinder mit Beeinträchtigungen in jeder Klasse aufzunehmen und parallel die Sonderschuleinrichtungen aufrecht zu erhalten. Es muss mehr Geld ins Bildungssystem investiert werden.

Die hessische Bildungspolitik geht auf Kosten der Schüler*innen, der Lehrkräfte und auch der Eltern. Jede inklusiv arbeitende Klasse benötigt zusätzliches Personal und ergänzende Räume, um differenzierten Unterricht zu gestalten. Die Teilhabeassistent*innen, welche Kindern mit Beeinträchtigungen außerhalb des pädagogischen Auftrags helfen, sollen gut ausgebildet, weiterqualifiziert und gut bezahlt werden. Ihre Personalkosten muss die Landesregierung übernehmen.

Das Lernen hört nach der Schule nicht auf. Eine wichtige Institution im Kreis ist die Kreisvolkshochschule. Diese benötigt weiterhin finanzielle Unterstützung, denn sie hat den gesellschaftlichen Auftrag, auch Menschen mit niedrigen Einkommen Bildungs-, Qualifizierungs- und Gesundheitsangebote zur Verfügung zu stellen. Der Kreis sollte hier die Landesregierung in die Pflicht nehmen, die die Förderung der Volkshochschulen insgesamt verstärken muss. Die Kreisvolkshochschule hat eine große Aufgabe bei der Integration von Flüchtlingen. Die öffentliche Weiterbildung sollte sich verstärkt an Menschen richten, die ansonsten nicht von Bildungsangeboten angesprochen werden. Als öffentliche Bildungseinrichtung haben die Volkshochschulen vor allem auch den Auftrag, emanzipatorische, politische Bildung zu ermöglichen. Dies gilt immer und besonders vor dem Hintergrund der aktuellen Klima- und Gesellschaftskrise. Die entsprechenden Angebote müssen von der KVHS ausgebaut und kostenlos zur Verfügung gestellt werden.

Um das Klima zu retten, brauchen wir eine vollständige Wende in der Energie-, Verkehrs- und Agrarpolitik

Klima, Umwelt, Nachhaltigkeit und Landwirtschaft sind eng verzahnte Themenbereiche. Die globalen Klimaveränderungen haben regionale Auswirkungen, sie schädigen unsere Wälder, führen zu einer Verknappung des Trinkwassers, wie es in anderen Regionen Europas schon heute der Fall ist, und sie führen zu Starkwetterereignissen und mehr.

Deshalb brauchen wir – nicht nur im Kreis Groß-Gerau – einen sozial-ökologischen Umbau. Bei allen Maßnahmen des Kreises und seiner Kommunen, aber auch allen Stellungnahmen zu regionalen Vorhaben – muss darauf hingewirkt werden, dass die Auswirkungen auf den Klimawandel untersucht werden. Der Kreis soll seine Ziele zur Eindämmung des Klimawandels konsequent weiterverfolgen, auch wenn Bundes- und Landespolitik dem entgegensteht. Der Kreis wird nicht nur bei seinen eigenen Liegenschaften auf das Sparen von Ressourcen und Nutzung von erneuerbaren Materialien achten, sondern Unternehmen, Institutionen und Bevölkerung informieren und dazu motivieren, ökologisch zu handeln.

Dabei steht für DIE LINKE ein wichtiger Grundsatz fest: ökologisches Handeln darf nicht nur für Menschen mit hohen Einkommen möglich sein. Es leiden mehr Menschen mit geringerem Einkommen unter den Folgen des Klimawandels – durch höhere Preise für gesundes Essen oder teurere Wohn- und Nebenkosten, obwohl sie weniger zu CO2 Belastung und Ressourcenverschwendung beitragen. Deshalb muss für DIE LINKE Soziales und Ökologisches gemeinsam bedacht werden.

Wir fordern, das Umwelt- und Klimaschutzmanagement des Kreises auszubauen und ihm einen höheren und zentralen Stellenwert zuzuweisen. Die Ausrufung des Klimanotstandes muss Folgen für das politische Handeln haben. Mit den Kommunen des Kreises, die ähnliche Beschlüsse zum Klimanotstand haben, ist in den nächsten zwei Jahren eine Strategie zu erarbeiten, wie die Ziele zu erreichen sind. Kommunen sind bei allen Maßnahmen zu unterstützen, die die Erderwärmung auf mehr als eineinhalb Grad verhindern. Die Motivation der Bevölkerung wie der Unternehmen und der Landwirtschaft sollte durch Beratung und wirtschaftliche wie gesellschaftliche Anreize gefördert werden.

Die entscheidenden Felder für den Klimaschutz sind die Verkehrspolitik, die Energieversorgung und die Agrarpolitik. Eine wesentliche Rolle spielt auch die Regionalpolitik (siehe ‚Für eine lebenswerte Region‘).

Mobilität für alle - mit weniger Straßenverkehr

Ein großer Teil der Emissionen erfolgt über den motorisierten Individual-, den Last- und den Luftverkehr. Für DIE LINKE ist klar: Der öffentliche Nahverkehr muss ausgebaut werden, um den CO2 Ausstoß zu verringern und um Menschen mit niedrigen Einkommen, älteren Menschen und Menschen mit Beeinträchtigungen die Möglichkeit zu geben, die Orte zu erreichen, die sie erreichen wollen oder müssen.

Das wichtigste Mittel dafür ist der Ausbau regelmäßiger und eng getakteter Verbindungen im Landkreis auf den beiden S-Bahnlinien, den Regionalbahnstrecken sowie den Buslinien. Dafür sind der RMV sowie die LNVG verantwortlich. DIE LINKE befürwortet die Wiederaufnahme der stillgelegten Bahnverbindung von Griesheim nach Riedstadt. Der zwischenörtliche Busverkehr im Kreisgebiet erfordert eine Neuaufstellung und muss in das Expressbuskonzept des RMV-Verbundes eingebunden werden. Überlandverbindungen sollten mit wenigen Zwischenhalten erfolgen. Dabei sind auch Überschreitungen des Kreisgebietes mit zu berücksichtigen. Express-Varianten für Buslinien aus dem Nord- in den Südkreis und darüber hinaus sollen geprüft werden.

Die LNVG soll Städte und Gemeinden gezielt unterstützen, lokale Stadtbuslinien einzurichten, die die bestehenden regionalen Linienführungen ergänzen. Diese sollen Stadtteile verbinden sowie die wichtigsten Verbindungen zwischen Bahnhöfen, Schulen, Gewerbegebieten und Einkaufszentren sicherstellen. Erster Schritt könnte die Verdoppelung der bestehenden Liniendienste im städtischen Bereich sein.

DIE LINKE begrüßt die Umstellung der Busflotte der LNVG auf emissionsfreien Antrieb mit Brennstoffzellenbussen. Aber nicht nur der Antrieb, sondern auch die Arbeitsverhältnisse der Busfahrer*innen sind für uns wichtig. Es werden künftig mehr Buslinien und damit auch mehr gut qualifiziertes und gut zu bezahlendes Personal gebraucht. Gute Arbeitsverhältnisse und ausreichende Angebote lassen sich besser in eigener Verantwortung realisieren. Deshalb setzen wir uns für die Übernahme des Busverkehrs und Anstellung der Busfahrer*innen durch die LNVG ein.

Wir halten ein für Nutzer*innen kostenloses ÖPNV-Angebot im Landkreis für sinnvoll. Dies kann durch eine Umlage finanziert werden, die von Betrieben, den großen Einzelhandelsunternehmen am Stadtrand, aber auch von Bewohner*innen des Kreises mit ausreichend hohem Einkommen erhoben wird. Diese Umlage ist eine sichere Einnahme zur Finanzierung des Ausbaus. Auf Bundesebene tritt DIE LINKE dafür, die acht Milliarden Euro teure Steuervergünstigung für Dieselkraftstoff aufzuheben. Das zusätzliche Geld soll in den Ausbau des ÖPNV und einen flächendeckenden Nulltarif gesteckt werden. Der stetig wachsende Straßenverkehr könnte so verringert werden.

Als erster Schritt sollen Kinder und Jugendliche sowie Menschen mit geringem Einkommen kostenlos oder sehr kostengünstig den Nahverkehr nutzen können. Bei besonderen Ereignissen – wie Adventssamstagen oder der Aktion ‚Der Kreis rollt‘ – sollten Busse und Bahnen kostenlos sein. In den Gemeinden könnte der innerörtliche Verkehr nach 9 Uhr zum Nulltarif erfolgen. Der Übergang von der Bahn zum Bus muss reibungslos erfolgen. An den Haltestellen müssen ausreichend gut lesbare Informationen über den Fahrplan vorhanden sein. Durch Beleuchtung, Zugang und Möblierung muss auch zu dunklen Tages- und Jahreszeiten Sicherheit für die Fahrgäste gegeben sein.

Im Interesse der Umwelt und der Zurückdrängung von Lärm und Verpestung der Luft ist der Radverkehr zu fördern. Gleichzeitig hat die Fortbewegung zu Fuß, mit dem Rad, den Inlinern oder ähnlichen Mitteln einen positiven Effekt, denn sie ist gesundheitsfördernd. Dies ist aber nur der Fall, wenn die Radwege auch sicher sind. Der Ausbau ist vollständig zu leisten und die Lücken im Radwegenetz zu schließen, sodass man auch mit dem Rad gut zur Arbeit, zur Schule oder den täglichen Erledigungen kommt.

Die laufenden Planungen für Radschnellwege auf den Achsen Groß-Gerau – Mörfelden-Walldorf – Flughafen Frankfurt, Mainz - Rüsselsheim – Frankfurt sowie Darmstadt – Groß-Gerau – Mainz sind vom Landkreis zu unterstützen und zu einem zügigen Abschluss zu bringen. Weitere Streckenführungen, der Ausbau bestehender Radwege sowie Anschlüsse wie z.B. Mörfelden-Walldorf – Langen, Groß-Gerau – Mörfelden-Walldorf – Frankfurt am Main, Trebur - Rüsselsheim sollen in die Planungen aufgenommen werden.

Sichere Abstellplätze, an denen man das Rad abschließen kann, dienen ebenfalls der Benutzerfreundlichkeit. Gezielt sollen diese an Bahnhöfen und Haltestellen, Schulen, Einkaufszentren und öffentlichen Einrichtungen wie Büchereien, Rathäusern o.ä. geschaffen werden. Die Mitnahme in Bussen sollte verbessert und der Umstieg zu Bus und Bahn erleichtert werden. Ein unkompliziertes Radausleihsystem würde Pendler*innen und Besucher*innen des Kreises das Radfahren erleichtern und die Straßen entlasten.

Barrierefreiheit – das heißt die Zugänglichkeit des öffentlichen Verkehrs für Eltern mit Kinderwagen, Menschen mit Behinderungen oder ältere Menschen mit Bewegungseinschränkungen - muss gewährleistet werden. Der Kreis muss mit den Gemeinden eine einheitliche Leitlinie für einen barrierefreien Ausbau des öffentlichen Raums vereinbaren.

Der Flughafen darf nicht weiter in die Landschaft wuchern und die Lebensqualität ersticken. Dass Fluglärm krankmacht, ist inzwischen allen bekannt, trotzdem sind die Maßnahmen zur Verringerung der Lärmbelastung nicht wirksam. Die Schadstoffbelastung insbesondere durch den Ultrafeinstaub des Flugverkehrs schädigt Gesundheit schwerwiegend, da sich die kleinen Partikel bis zur Lunge und in die Blutgefäße vorarbeiten.

Nur die Deckelung der Flugbewegungen mit einer gleichzeitigen Verringerung des Fluglärms ist erfolgversprechend. Terminal 3 darf nicht weiter gebaut, der Wald nicht abgeholzt werden, die Schadstoffbelastung und die Ausdehnung des Flughafengeländes müssen begrenzt werden. Lande- und Startbahnen sowie Gebäude sollen zurückgebaut werden, der Boden wieder entsiegelt werden. Flüge innerhalb von 1.000 Kilometern Entfernung müssen auf Züge umgeleitet werden.

Seit der Corona-Pandemie wird deutlich weniger geflogen, dies führt zu weniger Lärm und weniger Schadstoffbelastung in der Luft und zur Erholung der Anwohner*innen. Allerdings steigt der Anteil an Frachtflügen. Die Verteilung der Waren weltweit war nur kurzfristig im Flugverkehr stark verringert, jetzt gibt es in der Luft wie auf der Straße wieder den großen Warenaustausch, der durch kurzfristige Profitinteressen der Industrie gespeist ist. Es wird dort produziert, wo es aktuell kostengünstiger im Sinne der Unternehmensprofite ist. Transporte sind zu geringe Kostenfaktoren, da sie teilweise subventioniert sind und ihre Folgekosten in keiner Weise mit eingepreist sind. Wenn man den ökologischen Fußabdruck oft unsinniger Fahrten und Flüge, um Waren zu transportieren, einrechnen würde, würden sie nicht durchgeführt werden. Deswegen fordern wir: Fliegen muss kurzfristig durch Kerosinbesteuerung und Umsatzsteuer auf Auslandtickets und langfristig durch die Einbeziehung der Folgekosten teurer werden. Die Bahn benötigt aktive und passive Schallschutzmaßnahmen.

Energieerzeugung erneuerbar, Energieverbrauch verringern

Erneuerbare Energien sind Wind- und Sonnenenergie, Biomasse, Geothermie und Wasserkraft. Sie können einen erheblichen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Außerdem tragen sie zur Versorgungssicherheit und zur Vermeidung von Rohstoffkonflikten bei. Das Grundprinzip von Erneuerbaren Energien besteht darin, dass zum einen in der Natur stattfindende Prozesse genutzt werden, zum anderen werden aus nachwachsenden Rohstoffen Strom, Wärme und Kraftstoffe erzeugt. Sie sind nicht nur eine saubere Alternative zu Öl, Kohle und Gas, sie stehen fast unerschöpflich zur Verfügung. Durch das Nutzen von Sonne, Wind, Biomasse, Erdwärme, Wasser oder Gezeiten lässt sich der Ausstoß von Treibhausgasen und anderen Schadstoffen vermeiden. Außerdem stärken sie regionale Wirtschaft, machen unabhängig von Energieimporten und bieten Bürger*innen die Möglichkeit, sich selbst beispielsweise bei Energiegenossenschaften zu engagieren.

Für seine eigenen Liegenschaften darf der Kreis Strom nur aus zertifizierten erneuerbaren Energien beziehen. Er sollte seinen Einfluss nutzen, dies auch in den Kommunen, Unternehmen und Privatleuten voranzubringen. Allerdings verbrauchen Erneuerbare Energien, wenn auch in geringerem Maße als die Nutzung der fossilen Energieträger, ebenfalls natürliche Ressourcen und bei ihrer Produktion entstehen Treibhausgase.

Deshalb muss sich der Kreis Groß-Gerau das Ziel setzen, den Energieverbrauch spürbar zu senken. Bei seinen eigenen Liegenschaften führen Entwicklungen technischer Art (intensivere Nutzung von IT-Technik in den Schulen, Strom für Lüftungsanlagen) zu einer großen Herausforderung. Die Emissionsminderung bei der Wärmeversorgung erfolgt durch den Bau von Schulen und Verwaltungsgebäuden im Passivhausstandard und ist erfolgreich.

Da die Bundesregierung der Solarenergie, Bund und Land auch der Windenergieerzeugung viele Steine in den Weg legt und die Nutzung der Tiefengeothermie im Kreis Groß-Gerau für die Stromerzeugung nicht erfolgreich gewesen ist, muss noch viel mehr Energie in neue Überlegungen gesteckt werden. Es sollten Konzepte entwickelt werden, wie die 2030 stillgelegte Mülldeponie zur Energieerzeugung genutzt werden kann. Die direkte Produktion von Wasserstoff aus Solaranlagen sollte genutzt werden. Grüner Wasserstoff wird im Kreis Groß-Gerau nicht nur für den öffentlichen Nahverkehr, sondern auch für LKW und Bahnen genutzt werden können. Das Deponiegas sollte genutzt werden und als Erdgas in die vorhandenen Leitungen eingespeist werden. Auch Abwärme von Abwasser kann für die Energieerzeugung genutzt werden. Dies sollte bei Neubauten integriert sein und bei neuen Baugebieten Standard werden.

Weiterhin sollen alle Neubauten mindestens im Passivhausstandard erfolgen, bestehende Gebäude bei der Sanierung möglichst nah an diesen Standard herangeführt werden, alle Gebäude sollen mit Solaranlagen bestückt werden, ansonsten werden Blockheizkraftwerke eingesetzt. Der Strom aus Photovoltaikanlagen sollte in Zukunft stärker selbst genutzt werden. Neue Anlagen sollen in Zusammenarbeit mit Energiegenossenschaften errichtet werden.

Nachhaltige Landwirtschaft für eine regionale gesunde Ernährung

Im Rahmen der Ökomodell-Region Süd soll der Kreis die Erzeugung, Weiterverarbeitung und Vermarktung von regionalen Produkten fördern. Das kommt bei Lebensmitteln allen landwirtschaftlichen Betrieben zugute, einen besonderen Fokus legen wir auf den Ökolandbau, der am schonendsten mit den natürlichen Ressourcen umgeht. Dabei ist dem Tierwohl und den Tierrechten besondere Beachtung zu widmen - siehe auch im Abschnitt ‚Tierschutz und Tierrecht‘.

Die Nitratbelastung des Grundwassers durch die Intensivlandwirtschaft muss minimiert werden. Als Instrumente dazu können sowohl positive, finanzielle Anreize für niedrige Nitrateinträge, als auch Zahlungen für grenzwertüberschreitende Betriebe dienen. Glyphosat darf im gesamten Kreis Groß-Gerau nicht mehr verwendet werden und muss überall verboten werden.

Die Natur- und Landschaftsschutzgebiete, sowie die Natura2000-Gebiete (Flora-Fauna-Habitat und Vogelschutzgebiete) im Kreis sind gemäß den Zielvorgaben aus dem Bundesnaturschutzgesetz zu erhalten, zu pflegen und aufzuwerten. Ihre wichtige Funktion für den Artenschutz stellt ihre Rolle als Verbindungsflächen (Biotopvernetzung) und damit Ausbreitungs- und Austauschkorridore für Tiere und Pflanzen dar. Hierzu ist der kreisweite Landschaftspflegeverband eine gute und sinnvolle Einrichtung. Zusätzlich ist die Zusammenarbeit mit den Nachbarkreisen zu intensivieren.

Tierschutz und Tierrecht verbessern

DIE LINKE begreift sich als Fürsprecherin der Schwächsten und schließt Tiere dabei ausdrücklich ein. Diese Notwendigkeit ergibt sich dadurch, dass die Würde von Tieren des Schutzes bedarf. Tiere sind als „Produktionsfaktor“ der Ausbeutung und Quälerei durch Wirtschaft und Wissenschaft hilflos ausgeliefert. Das Recht auf Unversehrtheit eines jeden Tieres darf jedweden wirtschaftlichen Interessen nicht untergeordnet werden. Tiere sind als fühlende Wesen anzuerkennen. Ihnen stehen Rechte auf Unverletzlichkeit, Selbstbestimmtheit und Gleichberechtigung zu.

Dies gilt selbstverständlich auch für die mehr ca. 45.000 im Landkreis Groß-Gerau lebenden „Haustiere“. DIE LINKE unterstützt unter anderem deswegen die Tierschutzorganisationen in ihrer Forderung nach einem „Heimtierschutzgesetz“. Im Kreis Groß-Gerau setzen wir uns dafür ein, dass „Nutztiere“ artgerecht gehalten und untergebracht werden.

Unsere Forderungen auf allen Ebenen lauten:

  • Massentierhaltung verbieten!
  • Kein Schnabelkürzen bei Puten, kein Kastrieren von Ferkeln, keine anderweitigen Amputationen (bspw. Hörner); kein Töten von Küken!
  • Industrielle Tiertransporte ausnahmslos untersagen!
  • Die Entwicklung von Alternativmethoden zu sogenannten „Tierversuchen“ verstärkt fördern und ein Ausstiegskonzept entwickeln, damit baldmöglichst auf die althergebrachte Praxis verzichtet werden und sämtliche Versuche mit Tieren verboten werden können.
  • Der Tierrechtsgedanke in all seinen Facetten muss Teil des Bildungswesens werden.
  • In den Kreis-Kitas soll auf informative Weise der Respekt vor Tierbedürfnissen vermittelt und gefördert werden.
  • Ein besserer Schutz wildlebender Tiere, keine Universalvernichtung von der teils willkürlichen Bestimmung von invasiven Tierarten
  • Stärkere Bekämpfung des illegalen Handels mit Tieren.
  • Das Tragen von Kleidung mit echtem Pelz (auch in Form von Accessoires) ächten, denn es darf nicht sein, dass Tiere zur Herstellung von Luxusgütern auf qualvolle Weise gehalten und getötet werden.
  • Striktes Verbot des Handels mit Wildfängen. Keine Genehmigung für Tierbörsen aussprechen. Manege frei von Tierquälerei! Beendigung der Haltung jeglicher Tierarten in Zirkussen.
  • Schließung von Zoos, Delfinarien und dergleichen.
  • Präventiven Antibiotikaeinsatz verbieten.
  • Ein hessenweites Verbandsklagerecht für anerkannte Tierschutz- und Tierrechtsorganisationen weiterhin einfordern.
  • Der bestehende Kreis-Tierbeirat muss anders besetzt werden, er ist seinen eigenen Statuten nach paritätischer Besetzung nicht gerecht geworden. Tierrechts-Organisationen müssen zu Sitzungen verstärkt eingebunden werden.
  • Da manche die hohen Haltungsansprüche von Tieren unterschätzen und dies oftmals zur Überforderung und somit zum Aussetzen der Tiere führt, sind Tierheime und Tierauffangstationen die Leidtragenden. Der Kreis soll präventiv auf Tierhalter einwirken und gleichzeitig die Stellen, an denen beschlagnahmte oder aufgefundene Tiere versorgt werden, mehr als bisher unterstützen.
  • Eine Katzenschutzverordnung soll in allen Kreiskommunen eingerichtet werden, hierzu soll der Kreis eine Empfehlung an die Stadtverordneten im Kreis Groß-Gerau aussprechen. Erfolgreiche Beispiele wie in Darmstadt und in Mörfelden-Walldorf sind dabei Vorbild.
  • Eine Einführung und Kennzeichnung von veganen Gerichten sowohl in der Kreis-Kantine, als auch in allen kommunalen Einrichtungen, wo Verpflegung bereithalten wird, ist anzustreben. „Vegan“ bedeutet, die kausalen Zusammenhänge zwischen Verbrauchern und Tierausbeuter nicht zu leugnen und stattdessen in tiergerecht-ethischer Weise zu handeln.
  • Die tiergerecht-ethische Lebensweise durch Aktionen fördern und gutheißen.
  • In sämtlichen Kreistagsvorlagen sowie in Schriftstücken der Kreisverwaltung, durch die Auswirkungen auch auf Tiere zu erwarten sind, ist dies inhaltlich und sprachlich zu berücksichtigen

Der Schutz der Natur, von Umweltverschmutzung bis Klimanotstand, ist nicht ausschließlich das Problem und die Herausforderung für Menschen. Tiere leiden mindestens in gleichem Ausmaß, wenn nicht gar schlimmer, ohne dass sie als Verursacher schuldig wären. Der Lebensraum der wildlebenden Tiere ist inzwischen so stark zerschnitten worden, dass dort kaum noch ein natürliches Zusammenleben von Tierarten stattfinden kann. Weitere große Eingriffe in die Natur sollen im Hinblick auf den Tierschutz unterbleiben. Die Renaturierung wird von uns, die wir hiermit Fürsprecher der Wildtiere sind, begrüßt.

Wir setzen uns außerdem dafür ein, dass der Kreis Groß-Gerau die Tiere auf der Grundlage bestehender Gesetze und Verordnungen stärker nachhaltig schützt. Der Kreis soll all ihren Bedürfnissen darüber hinaus eine besondere Aufmerksamkeit widmen. Insofern sich der Kreis für Tierschutz- und Tierrechtfragen nicht direkt verantwortlich zeichnet, haben sich seine Repräsentant*innen politisch für einen erweiterten Tierschutz und verbessertes Tierrecht in Hessen und in Deutschland einzusetzen.

Seit dem Jahr 2002 ist die Anerkennung von elementaren Tierbedürfnissen als Staatsziel im Grundgesetz verankert. Im Sinne des Tierrechts ist dies auszulegen auf die Achtung und Gewährleistung des Freiheitsdrangs, des Wunsches nach Unversehrtheit und dem natürlichen Lebenswillen unserer Mitlebewesen im Kreis Groß-Gerau. Trotz des Passus im Grundgesetz sind viele schwerwiegenden Mängel politisch und praktisch längst nicht behoben. Tierrecht wird weiterhin den Profitinteressen unterworfen. Die gesellschaftliche Weiterentwicklung hat dagegen im Hinblick auf mehr Tierrecht das politische Geschehen überholt. Darum fordern wir im Grundsatz auch für den Kreis Groß-Gerau eine konsequentere, tierfreundlichere Politik.

Der Kreis Groß-Gerau braucht DIE LINKE. Offene Liste, da sich niemand sonst im Kreistag derart für Tierschutz und Tierrechte einsetzt.

Der Kreis und seine Kommunen sind völlig unterfinanziert

Den sogenannten Schutzschirm und die Hessenkasse hat das Land eingesetzt, um die Kommunen von den in mehreren Jahren angehäuften Schulden, die aufgrund der Unterfinanzierung entstanden sind, zu entlasten. Für die Pflichtaufgaben der Kommunen ist schon zu wenig Geld vorhanden. Viel weniger reicht es für die sogenannten ‚freiwilligen Aufgaben‘. Diese geraten in der Corona-Pandemie noch mehr in Gefahr, aufgegeben zu werden.

Der durch die Hessenkasse veranlasste Schuldenerlass für die Kassenkredite war das Mindeste, was das Land tun musste. Für die Hessenkasse werden allerdings Mittel der Kommunen herangezogen und zwar aus dem kommunalen Finanzausgleich. Für Zuschüsse für Krankenhäuser oder Kitas bekommen Kommunen finanzielle Mittel, die ihnen vom Land vorenthalten wurden. Das Land stellt viel zu wenige Mittel aus dem Landeshaushalt zur Verfügung.

Mit Schuldenbremse, Hessenkasse und Schutzschirm wird die kommunale Selbstverwaltung abgewürgt. Die Konsequenz ist, dass die Kommunen Steuern und Beiträge erhöhen und gleichzeitig Leistungen abbauen, indem sie beispielsweise Bibliotheken und Schwimmbäder schließt, Kinderspielplätze verkauft, Außenstellen der Verwaltung reduziert, Sprechstunden der Mütterberatung abschafft, Zuschüsse für Beratungsstellen streicht, Senior*innenbeiratswahlen abschafft und vieles mehr. Öffentliche Einrichtungen wie Straßen, Brücken, Schulen oder Bürgerhäuserverfallen, da die öffentliche Hand kaum noch investiert. Andere Bundesländer wie Bayern haben doppelt so hohe Investitionen und Rücklagen.

Wir fordern die gerechte Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Kommunen mit dem unaufhebbaren Grundsatz: wird eine Leistung durch den Bundes- oder Landes-Gesetzgeber bei der Kommune ‚bestellt‘, so ist diese auch von dort im vollen Umfang auf Dauer mit den Folgekosten zu bezahlen. Statt mit dem Rotstift bei den Ausgaben anzusetzen, fordert DIE LINKE mehr Einnahmen durch sozial gerechtes Umsteuern. Der kommunale Anteil am Einkommensteueraufkommen von zurzeit rund 15 Prozent ist deutlich anzuheben. Daneben müssen die eigenen kommunalen Einnahmen (außer der Grundsteuer) höher und verlässlicher ausfallen. Deshalb will DIE LINKE die Gewerbesteuer zu einer Gemeindewirtschaftsteuer weiterentwickeln.

Es gibt genügend Geld in diesem Land. Ein Prozent der Erwachsenen besitzen rund 35 % des Gesamtvermögens, neun Prozent besitzen 32 %. Das bedeutet, dass sich zehn Prozent an zwei Dritteln des von allen erwirtschafteten Vermögens erfreuen dürfen, für weitere 40 Prozent bleiben noch knapp ein Drittel, für die restlichen 50 Prozent bleiben nur noch knapp eineinhalb Prozent des Vermögens. Hier ist eine Umverteilung erforderlich, eine Vermögenssteuer muss wiedereingeführt werden. Um die Lasten der Corona-Pandemie nicht den Menschen mit geringem Einkommen zu überstülpen, die noch mehr unter ihr leiden, muss zusätzlich eine einmalige Vermögensabgabe eingeführt werden. Der Wirtschaftsliberalismus richtet mit seiner Markt-Ideologie großen Schaden an. Alle Lebensbereiche sollen kapitalistischen Verwertungsmaßstäben untergeordnet werden. Dies lehnen wir ab.

Entprivatisierung

Der öffentliche Sektor muss von diesen kapitalistischen Ansprüchen und Handlungskriterien ausgenommen werden. Wir wollen deshalb echte Re-Kommunalisierungen und den Verzicht auf weitere sogenannte ‚Ausgliederungen‘. Es darf keine Privatisierungen oder Teilprivatisierungen öffentlicher Aufgaben und Leistungen geben. Wir erwarten die Rückführung der ausgegliederten Aufgabenbereiche in die öffentliche Hand. Spitzeneinkommen von Unternehmen, an denen der Kreis beteiligt ist, sollen sich künftig an der maximalen Besoldungshöhe des Landrates orientieren. Wir brauchen einen wirklichen Ausbau der Mitbestimmungsmöglichkeiten bei den kreiseigenen und kreisnahen Unternehmen. Wir fordern den strikten Verzicht auf öffentlich-private Partnerschaften. Diese Art von unklaren Mischorganisationen lehnen wir ab. Eigeninvestitionen sollen Vorrang vor Investorenmodellen haben. Wir sehen eine Orientierung am Modell des Sozialunternehmens als sinnvoll an.

Leider bietet die hessische Gemeindeordnung enge Grenzen für die wirtschaftliche Beteiligung der Kommunen. Viele Dienstleistungen, auf die ihre Bürger*innen Anspruch haben, ist aber kostengünstiger und zielgerichteter, wenn sie sie selbst erbringt. Die wichtige Frage ist in diesem Zusammenhang, ob zum Beispiel Krankenhäuser oder Versorgungsbetriebe überhaupt auf Gewinnerzielung ausgerichtete Unternehmen, also Privatunternehmen sein sollten. Es muss die Möglichkeit der Rücklagenbildung für öffentliche Unternehmen geben.

Gute Arbeit muss gut bezahlt werden

Die strikte Einhaltung geltender Tarifverträge soll für alle Betriebe und Beteiligungen des Kreises, auch bei sogenannten „Tochter“- und „Enkel“-Unternehmen gelten. Tarifbindung muss auch bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen gelten. Hier sollten bei der Auftrags-Vergabe statt des Kriteriums des ‚günstigen Preises‘ vor allem gute Arbeitsbedingungen und strikte Tarifbindung sowie Gleichstellung und Ausbildungsplätze beachtet werden. Leiharbeit und befristete Arbeitsverträgen ohne Sachgrund müssen durch reguläre Arbeitsverhältnisse ersetzt werden.

Ausbildungsplätze beim Kreis, seinen Eigenbetrieben und den kommunalen Gesellschaften sind zu erhalten und auszubauen. Wir erwarten gute Arbeitsbedingungen bei der Kreisverwaltung und den Einsatz von Personal dort, wo es notwendig ist. Überlastungsanzeigen müssen immer ernst genommen und diesen nachgegangen werden, um zu verhindern, dass Mitarbeiter*innen zu Schaden kommen.

Wir fordern die Schaffung eines öffentlich geförderten Beschäftigungssektors mit sozialversicherungspflichtigen und tariflich abgesicherten Arbeitsplätzen. Wir fordern ein existenzsicherndes Einkommen für alle, gerade in dieser Zeit, wo die Absicherung z. B. vieler Solo-Selbständigen, Künstler*innen, Schausteller*innen und weiterennicht mehr funktioniert.

Digitalisierung im Interesse der Bürger*innen und der Mitarbeiter*innen

Digitalisierung von Verwaltungsprozessen bietet Chancen und große Risiken. Aktuell werden beispielsweise viele Anträge auf Online-Prozesse umgestellt. Es ist in der Corona-Pandemie kaum möglich, mit dem Sachbearbeiter/der Sachbearbeiterin persönlich zu sprechen und sich beraten zu lassen, obwohl dies Aufgabe der Verwaltung ist. Menschen, die nicht technikaffin sind oder nicht über die notwendige Ausstattung verfügen, bleiben deshalb benachteiligt und sind nicht mehr in der Lage, ihre Angelegenheit selbst zu vertreten. Auch zukünftig muss beides möglich sein, die Antragstellung vor Ort und auf dem Papier und das Online-Verfahren. Es darf keine Benachteiligungen geben, weil man sich nicht per Mail oder Internet einschalten will oder kann. Wesentlich ist bei allen Vorgängen, dass eine hohe Datensicherheit gewährleistet ist.

Für die Beschäftigten ist die Digitalisierung ebenfalls mit Chancen und Risiken verbunden, manche Arbeitsprozesse lassen sich verkürzen und wiederkehrende Aufgaben schneller erledigen. Neben der Bereitschaft, sich ständig neu zu orientieren und zu qualifizieren, werden von den Kolleg*innen komplexere Arbeitsabläufe erwartet, aber auch Arbeitsplätze entwertet oder wegfallen. Homeoffice bietet Risiken bei der Überschreitung von Arbeitszeiten und der fehlenden kollegialen Unterstützung. Diese Prozesse sind von der Verwaltungsspitze mit dem Personalrat zur Zufriedenheit der Beschäftigten zu begleiten. Dazu gehört auch eine gute Gesundheitsförderung für die Beschäftigten.

Seit Beginn des Jahres 2020 hält uns die Corona-Pandemie in Atem. Der Shutdown in Bildungseinrichtungen und der Wirtschaft hat zu vielen Verwerfungen innerhalb der Gesellschaft geführt. Schulen und Kitas waren für viele wochenlang nicht zugänglich, Eltern konnten ihrer Arbeit nicht oder nur eingeschränkt nachkommen und mussten Kinderbetreuung und Arbeit irgendwie miteinander vereinbaren. Gerade Frauen haben darunter besonders gelitten, weil die Familienarbeit immer noch vorwiegend an ihnen hängenbleibt, sie arbeiten oft weniger und erzielen ein geringeres Einkommen.

Einige Betriebe hatten nie geschlossen, viele Kolleg*innen riskieren ihre Gesundheit, weil unzureichende Schutzvorrichtungen vorhanden sind. Andere Betriebe sind in Kurzarbeit gegangen, das führte zu Lohneinbußen bis zu 40 Prozent. Im Kreis Groß-Gerau gibt es hessenweit die meisten Kurzarbeitenden. Andere Betriebe haben Mitarbeiter*innen entlassen oder Arbeitszeiten und Löhne gekürzt, viele Selbständige können keine Einkommen erzielen. Nebenerwerbseinkommen von Studierenden und anderen sind weggebrochen.

Die Hilfen des Landes waren nur vorübergehend und oftmals nicht ausreichend. Immer noch stehen Kulturschaffenden und Veranstaltungsgewerbe weitgehend ohne Einkommen da. Ihnen bleibt nur übrig, bei Vorliegen der Voraussetzungen, Arbeitslosengeld II zu beantragen.

Schutzausrüstungen und Hygieneartikel waren zu Beginn überhaupt nicht und auch heute noch zu horrenden Preisen erhältlich. Allerdings ist deutlich geworden, dass Abstandhalten und Mund-Nasenschutz wesentlich sind, um die Ansteckungsgefahr zu vermindern. Corona-Testungen wurden zu Beginn nur in Krankheitsfällen durchgeführt, inzwischen werden sie für einige Berufsgruppen ausgeweitet. Man kann sich zwar auf eigene Kosten testen, dies ist allerdings kaum bezahlbar, da der Test immer nur einen Momentzustand darstellt. Obwohl vorhersehbar war, dass es irgendwann zu einer Pandemie kommt, sind die Pandemiepläne nicht aktualisiert worden.

Mit Corona sieht man besser: man kann deutlich erkennen, wie viele Menschen ohne Absicherung leben und von heute auf morgen in Armut fallen können, wie notwendig ein gut organisiertes und strukturiertes Gesundheitswesen ist, wie gefährdet gerade Kinder und Frauen in solchen Situationen sind, wie schnell die Armutsorganisation, die weitgehend auf dem Ehrenamt fußt, zusammenbricht.

Früher gab es bereits epidemische Krankheitsverläufe. Gefährlich ist heute aber die rasante Geschwindigkeit, mit der sich Pandemien aufgrund der internationalen Verflechtung einer industriell betriebenen Landwirtschaft über den Globus verbreiten. Die Lebensräume der Tiere werden zerstört, auch Wildtiere werden ausgebeutet. „Herden aus verschiedenen Regionen werden miteinander gemischt, entsprechend den Erfordernissen kurzfristiger Lieferketten“, so der Evolutionsbiologe Rob Wallace in seinem Buch „Was COVID-19 mit dem Agrobusiness zu tun hat“. Begünstigt wird die Ausbreitung der Viren durch Kriege, Armut und globalen Massentourismus.

Mit dem heutigen Wirtschaftssystem sind weitere Pandemien wahrscheinlich, auch und gerade wenn die jetzige uns noch eine hohe Anstrengung erfordern wird. DIE LINKE unterstützt die Ansicht, dass es die besten Erkenntnisse und Innovationen so eingesetzt werden müssen, dass sie nicht dem Profit rücksichtslos agierender Konzerne, sondern dem Gemeinwohl dienen. Wir brauchen eine andere Wirtschaftsweise, eine andere Art zu produzieren und die Güter zu verteilen. Dies ist mit dem gegenwärtigen kapitalistischen System nicht möglich. Die Ausrichtung auf Profitmaximierung und Unterwerfung sowie Ausbeutung alles menschlichen und tierischen Lebens, aller natürlichen Güter und die Belastung mit den Folgen dieser Ausbeutung führt dazu, dass diese Gesellschaft nicht überleben kann. Ob es Kriege sind, die Folgen des Klimawandels, Fluchtbewegungen, Krankheiten oder Umweltkatastrophen - all das führt zum Untergang menschliches Lebens, wenn Menschen nicht endlich in der Lage sind, gegen Ausbeutung und für eine sozialistische Gesellschaft zu kämpfen, in welcher Menschen, Tiere und die Natur im Zentrum gesellschaftlichen Lebens stehen und nicht der Gewinn von Aktionär*innen oder Manager*innen.